„Prinzip Gonzo“ in Saarbrücken und in Nancy Spielend sterben im Staatstheater

Saarbrücken · Das SST arbeitet mit dem Berliner Theaterkollektiv „Prinzip Gonzo“ zusammen.

 Bei der „Prinzip Gonzo“-Vorstellung, von links: SST-Intendant Bodo Busse, Jean Balladur, Edouard Rossinot und Sarah McKee vom Théatre de la manufacture, Projektleiterin Simone Kranz, und Holle Münster und Robert Hartmann von "Prinzip Gonzo".  Foto: Tobias Keßler

Bei der „Prinzip Gonzo“-Vorstellung, von links: SST-Intendant Bodo Busse, Jean Balladur, Edouard Rossinot und Sarah McKee vom Théatre de la manufacture, Projektleiterin Simone Kranz, und Holle Münster und Robert Hartmann von "Prinzip Gonzo". Foto: Tobias Keßler

Foto: Tobias Keßler

Über den Namen kann man länger nachgrübeln, über die Idee muss man sich freuen. „Doppelpass“ nennt sich,  ebenso wie eine sonntägliche Sendung im Sportfernsehen, ein Fonds der Bundeskulturstiftung. Ihr Ziel ist es, „die freie Szene und Theaterinstitutionen in Deutschland zum Erproben neuer, tourfähiger Formen der Zusammenarbeit und künstlerischen Produktion anzuregen“. In Saarbrücken gefördert wurden jüngst die Veranstaltungen „Quo vadis, bellum?“, eine Zusammenarbeit des Staatstheaters (SST) mit der Performancegruppe MS Schrittmacher; auch das Theater Überzwerg wird unterstützt, für sein mit dem Frankfurter „TheaterGruene­Sosse“ und dem Hessischen Landestheater Marburg entwickeltes Projekt „Über.Land“.

Nun gibt es Neues in Sachen „Doppelpass“: Die Kulturstiftung vergibt seine höchste Fördersumme von 240 000 Euro gemeinsam an das SST, an das Théâtre de la Manufacture in Nancy und an die Künstlergruppe „Prinzip Gonzo“, die beide Häuser 2019 und 2020 bespielen soll. Gestern haben zwei Mitglieder der fünfköpfigen Künstlergruppe die Pläne der Kooperation vorgestellt, die „The End“ überschrieben ist, nicht ohne Grund: Um den Tod geht es in beiden Projekten, das erste hat am 17. Mai 2019 Premiere in der Alten Feuerwache in Saarbrücken. „Game Over“ heißt es und soll eine Art „begehbare Installation“ des Lebens nach dem Tod sein, wie Gonzo-Künstlerin Holle Münster erklärt. „Die Zuschauer sind weniger Zuschauer als Spielende, sie müssen aus diesem Jenseitsraum wieder herausfinden.“ Die Sprache ist dabei tabu, ausgestattet sind die Spieler mit Software, sie müssen mit anderen Spielern (und Schauspielern) interagieren, mit Figuren aus Mythologie, Literatur und Videospielen. Ums Gewinnen gehe es hier nicht, sagt Münster, sondern um Austausch, „wir hoffen auf ein starkes und nachhaltiges Erlebnis“. 60 Zuschauer gleichzeitig sollen bei „Game Over“ dabei sein können in der Feuerwache – wie der Raum genau genutzt wird, ist noch nicht klar; gestern war das erste leibhaftige Treffen der Gonzos mit der Projektleiterin vor Ort, Schauspieldramaturgin Simone Kranz. „Game Over“ wird Ende 2019 dann auch im Théâtre de la Manufacture in Nancy zu sehen (und zu betreten) sein.

Das Gonzo-Projekt für Nancy (das dann später auch nach Saarbrücken zieht) erlebt seine Premiere im Mai 2020 – nicht im Theater, sondern im Bus, der durch den öffentlichen Raum rauscht: „G.O.U.L.L.E“ soll, sagt Münster, den durch viele Zombie-Filme „schlechten Ruf der Untoten“ wieder aufpolieren. Die Theorie dabei: Die Zombies starten eine PR-Kampagne, um den Lebenden klar zu machen, was es heißt, ein Untoter zu sein. Wer will, kann sich im Bus „zombifizieren“ lassen und wird dabei, so hoffen die Gonzos, verstärkt über Leben und Tod nachdenken, über Abschied und Loslassen.

Was es mit dem „Gonzo“ im Gruppennamen auf sich hat, erklärt Mitgründer Robert Hartmann: Einerseits beziehe sich das auf das bewusst Subjektive im „Gonzo-Journalismus“ des Autors Hunter S. Thompson („Fear and Loathing in Las Vegas“). Zugleich aber auf den langnasigen und blaufelligen Außerdirdischen in der „Muppet Show“, der in jeder Episode einen gewagten Motorrad-Stunt versucht, stürzt, aber letztlich nie aufgibt – für die Künstlergruppe ein sinniges Symbol künstlerischer Arbeit. Ob Sturz oder nicht: SST-Intendant Bodo Busse erhofft sich von „The End“ auch Denkanstöße fürs eigene Haus, „andere Ansätze zu sehen und das eigene Herangehen ans Theater mal in Frage zu stellen“.

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