So poetisch wie ein Gedicht von Li Bai

Saarbrücken · Chinesische traditionelle Musik ist für mitteleuropäische Ohren gewöhnungsbedürftig. Für das Konzert in Saarbrücken hatten die chinesischen Musiker ein schönes, aber wenig traditionelles Programm zusammengestellt.

 Solistin Yang Wenna spielte die Erhu, eine Laute. Foto: Iris Maurer

Solistin Yang Wenna spielte die Erhu, eine Laute. Foto: Iris Maurer

Foto: Iris Maurer

45 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und China, 20 Jahre "Großes Chinesisches Neujahrskonzert" - das nahmen die Musikfestspiele Saar als Steilvorlage. Lampions in der Congresshalle, viele Asiaten im Publikum, auf der Bühne ein Orchester mit traditionellen Instrumenten, von der bescheidenen Dirigentin Hong Xia sicher geleitet, dazu ein Programm, das sich so poetisch las wie ein Gedicht von Li Bai.

Die einleitenden "Jasminblüten" mit ihrem hymnischen Schluss erinnerten ein wenig an Dvorák, während "Die Große Mauer", ein Konzert für die zweisaitige Streichlaute Erhu, wesentlich mehr Nuancen aufwies. Die Solistin Yang Wenna beeindruckte durch wechselnden Ausdruck bis hin zu ekstatischen Ausbrüchen, und eine Virtuosität, die an europäische Gypsy-Klänge erinnerte. Sind derartige Assoziationen zulässig? Leider ja. Denn der Komponist Liu Wenjin übersiedelte in die USA und lernte dort, wie man die grelle, klanglich oft aggressive chinesische Musik dem westlichen Geschmack anpasst. Er ließ manche Instrumente weg, füllte die traditionelle Pentatonik mit Halbtönen auf und erreichte damit harmonische Spannungen, die der eher statischen chinesischen Musik fremd sind, und Themen, die an Léhar und Puccini erinnern. Mit einem Wort: Was man hörte, war "schön", aber nicht traditionell. So auch "Die Vollendung des Bildes" für die vielsaitige Zither Guzheng, von Lei Dianyun sehr stimmungsvoll gespielt. Viel "chinesischer" hingegen ein Werk von Liu Xijin für Bambusflöte, "Schnee auf der zerbrochenen Brücke", glänzend instrumentiert und von Huang Kai ausgezeichnet geblasen.

Peter H. Thoele als Moderator erzählte dazu die Fabel von der weißen Schlange, die zur schönen Frau wurde, liebte und litt. Und wem hier einfiel, dass diese Brücke in Hangzhou liegt, einer Stadt mit 6,8 Millionen Einwohnern, der hatte die beiden Gesichter Chinas vor Augen. Das abschließende Stück "Jahr für Jahr in Hülle und Fülle" brachte laut Programmheft "das unerschütterliche Vertrauen in eine strahlende Zukunft des Vaterlandes" zum Ausdruck, gefolgt von einer spritzigen Zugabe. Zum Schluss wünschte das vom Moderator gut instruierte Publikum den Gästen unisono "xnniánkuàilè" ("ein Gutes Neues Jahr!"), was diese prompt in gutem Deutsch erwiderten. Womit die guten deutsch-chinesischen Beziehungen bekräftigt wurden - zumindest auf saarländischer Ebene.

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