Kino: Paul Verhoeven wird 80 Sex, Skandale, Jesus-Forschung

Amsterdam · Regisseur Paul Verhoeven wird 80 Jahre alt und plant einen Film über eine lesbische Nonne in Italien.

 Regisseur Paul Verhoeven 2017, als er Jury-Präsident der 67. Berlinale war.

Regisseur Paul Verhoeven 2017, als er Jury-Präsident der 67. Berlinale war.

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Sieben Sekunden nur dauert die berühmte Szene im Thriller „Basic Instinct“ (1992) – und sie verlieh Paul Verhoeven das Etikett „Skandal-Regisseur“. Das aber wird ihm nicht gerecht. Sein Werk ist vielschichtiger, als die Schlagworte Spannung, Sex, Skandal umschreiben. Radikale Figuren und extreme Geschichten faszinieren ihn. Am Mittwoch wird der Niederländer 80 Jahre alt. Die Szene aus „Basic Instinct“ mit Hauptdarstellerin Sharon Stone, sichtlich ohne Slip, ist typisch Verhoeven. Skandalös, aber nicht platt. Er nutzt Sex nicht als Schockmittel. „Mit Sex kann man etwas ausdrücken, was man mit Worten nicht kann,“ sagte er einmal. „Genau wie mit Musik oder Malerei.“

Es hätte nicht viel gefehlt, und es hätte Skandale wie diese nie gegeben, und Paul Verhoeven wäre Mathematiklehrer geworden. Er wuchs in Den Haag auf, der Vater war Lehrer, die Mutter Hutmacherin, und Paul ein braver Junge. Er studierte Mathematik und Physik, doch dann lernte er in Frankreich das Kino kennen und war fasziniert.

Sein erster großer Kinoerfolg in den Niederlanden war 1973 „Türkische Früchte“ – mit über 3,3 Millionen Zuschauern ist es noch immer der meistgesehene Film des Landes. Die Liebesgeschichte machte Furore, nicht nur wegen deutlicher Sexszenen. Denn Verhoeven brachte das Lebensgefühl einer ganzen Generation auf die Leinwand.

Auch in Hollywood hatte er Erfolg. Aber nach Hits wie „RoboCop“ (1987), „Total Recall“ (1990) mit Arnold Schwarzenegger und „Basic Instinct“ folgten Flops. „Showgirl“ (1995) fiel durch, Verhoeven wurde sogar mit mehreren der gefürchteten „Goldenen Himbeeren“ für den schlechtesten Film des Jahres ausgezeichnet. Der Niederländer holte sich diese Preise persönlich ab.

Seine jüngsten Filme sind weniger extrem. Aber Verhoeven sucht immer noch die Grenzen. Nach der Rückkehr in die Heimat ging er 2006 etwa die Klischees von Gut und Böse im Zweiten Weltkrieg an: „Schwarzbuch“ erzählt das dunkle Kapitel der niederländischen Kollaboration. Und dann wird 2017 „Elle“ mit Isabelle Huppert mit internationalen Preisen überschüttet: ein Thriller um eine starke Frau, die auf ungewöhnliche Weise mit ihrer Vergewaltigung umgeht, politisch nicht korrekt – wie er sagt. Ihm gefallen Figuren, die gegen den Strom schwimmen. So eine ist auch „Benedetta“, eine lesbische Nonne während der Renaissance in Italien – sein neuestes Filmprojekt.

Und es sind nicht nur starke Frauen, die ihn faszinieren. Jesus von Nazareth ist neben dem Film die zweite Leidenschaft des Filmemachers. Jahrelang gehörte er einer illustren internationalen Forscher-Gruppe an. Für ihn war Jesus ein „Wortkünstler“, ein „Radikaler“. Bisher brachte Verhoeven seine zwei großen Leidenschaften nicht zusammen. 2008 legte er sein großes Jesus-Buch vor. Es ist kein Drehbuch – noch nicht.

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