Serie „Die Journalistin“ auf DVD „Frauen im Beruf sind unnötig ehrgeizig“

Saarbrücken · Die Riegelsberger Firma Pidax hat eine interessante Serie von 1970/71 ausgegraben: „Die Journalistin“ mit Marianne Koch, Horst Frank und viel Zeitgeist von einst.

 Marianne Koch („Für eine Handvoll Dollar“) als Hamburger Journalistin, unterwegs zwischen Amsterdam und Wanne-Eickel.

Marianne Koch („Für eine Handvoll Dollar“) als Hamburger Journalistin, unterwegs zwischen Amsterdam und Wanne-Eickel.

Foto: Pidax

„Eigene Gedanken? Wenn ich das schon höre – die Leute wollen Popos und Busen sehen.“ So rustikal argumentiert ein wohl ziemlich desillusionierter Journalist  bei einer Redaktions-Konferenz in der Serie „Die Journalistin“. Der 13-Teiler, auf DVD nun von der Riegelsberger Firma Pidax herausgebracht, ist schon 51 Jahre alt – die Diskussion, was Leserin und Leser wirklich wollen, wird aber heute ebenso intensiv geführt wie 1970. Die Titelfigur der Serie glaubt jedenfalls an ein Interesse der Leserschaft jenseits von Sex & Crime – Renate Albrecht (gespielt von Marianne Koch) arbeitet beim fiktiven Hamburger Magazin „Prisma“, ihre Reportagen sind Thema der 13 Episoden, die Georg Tressler („Die Halbstarken“, „Tatort“) inszeniert hat.

Um einen alten Herren geht es da etwa, der zu Unrecht, aber ohne es zu wissen, jahrelang zu viel Rente bezogen hat und nun 13 000 Mark zurückzahlen soll – mit einer Rente von 350 Mark im Monat. Eine andere Reportage führt die Schreiberin nach Amsterdam, wo ein Popsänger im Blümchenhemd und mit maskulinen Kräusel-Koteletten in tiefer Sinnkrise versinkt; selbst im Urlaub hat die Journalistin keine Freizeit, kommt sie unter südlicher Sonne doch zwei Trickbetrügern auf die Spur.

Der junge Westernhagen

Weniger glamourös ist es in Wanne-Eickel, wo die Schreiberin – in einer der originellsten Folgen – den Auswirkungen eines Lottogewinns nachspürt: Angesichts von 240 000 Mark und des damit verbundenen Neids bröckeln Familienbeziehungen und Freundschaften. In einer Nebenrolle als gitarrespielenden Ruhrpottler mit buschigem Haarschopf kann man einen sehr jungen Marius Müller-Westernhagen sehen.

Nicht jede Episode, musikalisch umschmeichelt von einem wohligen Titelthema von Martin Böttcher („Winnetou“), spannt einen großen Spannungsbogen – reizvoll aber sind selbst die gemächlicheren Folgen, weil die Serie viel nostalgische Atmosphäre versprüht: Keine tut dies mehr als „Der erste Sonntag im August“, die beim Rennen auf dem Nürburgring spielt. Dort will die Journalistin etwas über einen schneidigen Nachwuchsrennfahrer schreiben; einen straffen Plot besitzt diese Folge nicht, dafür aber eine nahezu dokumentarische Anmutung: Es scheint, das Filmteam hat sich mit den Darstellern (darunter Siegfried Rauch, der kurz darauf auch im Steve-McQueen-Film „Le Mans“ als Rennfahrer auftrat) einfach in den Rennställen niedergelassen und dort die Kamera laufen lassen. Das Ergebnis ist ein interessantes Zeitdokument.

 Die Journalistin

Die Journalistin

Foto: Pidax

„Zuverlässig wie eine Dampfwalze“

Den roten Faden durch die Episoden knüpft das Verhältnis der Journalistin zu einem Star-Fotografen, der ihr mehr oder weniger aufgezwungen wird. Den spielt der raubeinige Horst Frank als harten Hund mit weicher Seite, der netter ist, als seine Großspurigkeit vermuten lässt. Erst knirscht es laut zwischen den beiden, sind sie im Blick auf die Emanzipation doch nicht ganz auf Augenhöhe. „Frauen im Beruf sind unnötig ehrgeizig“, stellt der Fotograf fest und ist mit seiner Sicht nicht allein. Der Chefredakteur etwa stellt seine Sekretärin so vor: „Gisela, meine rechte Hand. Hochempfindlich, aber zuverlässig wie eine Dampfwalze.“ Charmant. Und der Verleger rät dem Fotografen: „Sagen Sie bloß nicht, Sie arbeiten nicht mit Frauen – sie ist als Journalistin nämlich so gut, wie sie hübsch ist.“ Beides wird dem Fotografen im Laufe der Serie immer klarer, und auch die Journalistin blickt irgendwann hinter die glatte Macho-Fassade. Wie die Annäherung ausgeht, kann man sich ausmalen, ohne zu viel Fantasie zu bemühen. Doch vor dem Glück steht noch ein finaler Streit um Rebellion und Bürgerlichkeit – die Journalistin will vom Fotografen mit Bohemien-Gestus nicht spießig genannt werden, „nur weil ich nicht Mao schreie und Hasch rauche“. Verständlich.

Erschienen bei Pidax.
13 dreiviertelstündige Folgen auf 4 DVDs.
www.pidax-film.de

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