40 Jahre Chor Pardall Seit 40 Jahren feiert der Chor Pardall die hohe Kunst des Singens

Saarbrücken · Von Astrid Karger

 Vollen Einsatz zeigt Hannelotte Pardall bei der Chor-Probe.

Vollen Einsatz zeigt Hannelotte Pardall bei der Chor-Probe.

Foto: Astrid Karger/Photographer:Astrid Karger

1977 tat sich im Saarland mit Hannelotte Pardall eine singfreudige Gruppe im Wohnzimmer zusammen, um auch mal weltliches Liedgut zu singen. Nicht nur, wie im Kirchenchor üblich, geistliches. Bald wurde das Wohnzimmer zu klein und der Chor Pardall zog Sängerinnen und Sänger aus dem gesamten Bundesgebiet an, die zwei Mal im Jahr ein anspruchsvolles Konzertprogramm, im Wechsel weltlich und geistlich, auf die Bühne bringen. Die Abstände zwischen den Konzerten sind mit den Jahren etwas länger geworden, das Konzept ist gleich geblieben. Die Programme sind schlüssig, folgen einer Idee, die im Titel angedeutet wird, so 2015 das A-cappella-Programm „Die Vöglein in dem Walde“ oder 2014 „Zwischen Himmel und Erde“ mit Werken von Brahms, Schumann, Pepping, Mäntyjärvi.

Hannelotte Pardall stammt aus der Pirmasenser Gegend, sie studierte Schulmusik, dann Dirigieren bei Helmuth Rilling. 1986 folgte sie einem Ruf an die Hochschule für Musik und Theater in Hamburg, wo sie bis 2017 Chorleitung unterrichtete. A-cappella ist für Pardall „die hohe Kunst des Singens“, denn man kommt ganz ohne tragende Instrumente aus. Pardalls Chorarbeit baut auf Artikulation, lebendige Diktion, Sprachbedeutung. A-cappella sei wie ein Streichquartett, der Einzelne trage in seiner Stimmgruppe, Sopran oder Tenor beispielsweise, volle Verantwortung, jedes Ausscheren sei sofort hörbar, nichts kann „sich zurecht ruckeln.“ Ihr Dirigat ist lebendig, sehr lesbar, alles an ihr spricht oder wie der Bass (und Übersetzer) Hinrich Schmidt-Henkel, seit den 80er Jahren dabei und aus Berlin angereist, sagt: „Ein guter Dirigent schwätzt nicht, sondern zeigt.“ Ihre „entspannte Spannung“ vermittle Stimmungen bis in die Körperhaltung hinein und sorge so auf wunderbare Weise dafür, dass niemand „abgesungen“ sei, im Gegenteil, die eigene Stimme dringe in Bereiche vor, die man gar nicht für möglich gehalten habe. Eine stimmpflegerische Arbeit, deren professionelle Qualität vielleicht mit einem wirklich guten Trainer verglichen werden kann. Sopran Gisela Wälder meint, man müsse nur zur ihr hinsehen, um zu verstehen. In der Probe zu Mozarts c-moll-Messe greift Pardall auch mal zu einem Bild – das sei „wie die Suche nach dem Heiligen Gral“ – und sorgt umgehend für Erleuchtung.

Höhepunkte der 40-jährigen Chorarbeit – seien schwer zu benennen, manchmal aber einfach eine „stinknormale Probe,“ so Hannelotte Pardall, bei der es gelingt, sich „durch die Hintertür ins Unterbewusstsein der Sänger zu schleichen.“ Sie erzählt von A-cappella-Programmen, die mit jedem Auftritt noch besser wurden, die großen Oratorien mit Orchester, Wettbewerbe und nicht zuletzt die Chorreisen nach Paris, Prag, die Bretagne und bis ins ferne Georgien („Kulturschock“).

Lucia Hubig kam als Fünfzehnjährige zum Chor und ist damit fast ein Gründungsmitglied. Sie schätzt den analytischen Zugriff, die Stücke würden sehr genau auseinander genommen und wieder zusammen gesetzt. Jede Versuchsanordnung – es singen nur Tenor und Sopran zum Beispiel – erschließe Werk und Interpretation neu und anders. Musikhistorische Erläuterungen machten klar, warum Monteverdi anders als Mozart gesungen werde.

Wolfgang Amadeus Mozart hat seine größten geistlichen Werke, das Requiem und die c-moll-Messe, nicht fertig gestellt. Um sie zur Aufführung zu bringen, wurde und wird immer wieder der Versuch unternommen, im Sinne Mozarts weiter zu komponieren, zu ergänzen. Hannelotte Pardall entschied sich für eine noch junge Rekonstruktion durch den Dirigenten Frieder Bernius und den Musikwissenschaftler Uwe Wolf. Das bei Mozart fehlende „Agnus dei“ fand sie bei dem norddeutschen Organisten und Komponisten Thomas Emanuel Cornelius. Der hat sein „Agnus dei“ mit einer ganz klaren Absicht komponiert: Cornelius will, dass jeder, ob er spielt, singt oder hört, Freude empfindet und diese positive Energie in den Alltag mitnimmt. Der bisherige Erfolg seines Stücks gibt ihm Recht. Beim Jubiläumskonzert am 29. April in der Saarbrücker Ludwigskirche, zu dem der Chor Gastsänger geladen hat, kann dieser Quell angezapft werden.

Jubiläumskonzert am 29. April, 18 Uhr, in der Saarbrücker Ludwigskirche. Karten unter Tel. (06 51) 97 90 777.

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