Särge und Urnen als Kunstobjekte

Homburg · Das Thema Tod ist für viele ein Tabu. Nur unwillig setzen sich Menschen mit dem eigenen Ableben auseinander. 28 Künstlerinnen und Künstler hat die Galerie Beck in Homburg-Schwarzenacker eingeladen, sich mit den Themen Tod und Begräbnis kreativ zu beschäftigen. Die interessante Schau entstand auf Anregung eines Saarbrücker Bestatters.

 Durch diese Sarg-Installation von Adriana Woll betritt man die Ausstellung. Fotos: Galerie

Durch diese Sarg-Installation von Adriana Woll betritt man die Ausstellung. Fotos: Galerie

Es ist seltsam: Da hält man sich für modern, aufgeklärt und alles andere als abergläubisch und doch ertappt man sich dabei, dass man lieber um den Sarg herumgeht statt mittendurch. Dabei wäre das zurzeit der direkte Weg durch die Räume der Galerie Beck in Homburg (Am Schwedenhof 4) - durch einen Sarg. Deckel und Unterteil hängen in etwa einem Meter Abstand hochkant von der Decke. Wer sie nicht scheut, für den halten sie noch eine Überraschung bereit: einen Spiegel, in dem man sich schonmal ansehen kann, wie einem die Kiste so steht. Eventuelle Schockblässe tut das Übrige zu einem möglichst real wirkenden Bild.

Doch die Schöpferin der Installation, Adriana Woll, will nicht erschrecken, im Gegenteil: Sie will dazu aufrufen, zu leben und Träume wahr zu machen, gerade weil das Leben endlich ist. Überhaupt will die gesamte Ausstellung mit den 30 aus Särgen und Urnen geschaffenen Werken nicht erschrecken. Die Idee dazu entstand, wie Galerieleiter Christopher Naumann erklärt, ganz profan bei einem Treffen der Wirtschaftsjunioren Saar, wo er Stefan Kohl, Inhaber des Saarbrücker Beerdigungsinstituts Pietät Von Rüden begegnete. "Wir haben gemeinsam Ideen entwickelt, wie wir Galerie und Bestattung unter einen Hut bringen könnten." Bald schon war der Titel "Tod und Wagnis" geboren. "Für uns ist jede Ausstellung ein Wagnis. Denn wir müssen verkaufen, sonst ist es unser Tod."

Kohl geht es vor allem darum, den Tod wieder gesellschaftsfähiger zu machen. "Er ist ein Tabu-Thema. Das führt dazu, dass sich Leute um wichtige Dinge erst Gedanken machen, wenn es zu spät ist." Er empfiehlt, den Weg zum Bestatter schon zu Lebzeiten nicht zu scheuen, um sich über die vielen Möglichkeiten einer Bestattung zu informieren und selbst zu entscheiden.

Ob der moderne Mensch sich dazu bewegen lässt? Eines ist sicher und das gilt auch für die Ausstellung: Für die Auseinandersetzung mit dem Thema muss man sich freimachen von erlerntem Grauen. "Ein Sarg ist ja eigentlich nur ein Stück Holz", sagt Künstlerin Katja Theinkom. "Aber als einer in meinem Atelier stand, weigerten sich viele Leute, es zu betreten." In ihrer Installation fungiert der Deckel des Sarges nun als Gedankenhülle: Menschen haben Gedanken auf Karten notiert und diese unter den Deckel gesteckt. Irgendwann will Theinkom die Karten hervorholen, verbrennen und die Asche in die Installation integrieren.

Die 28 teilnehmenden Künstler haben sich dem Thema ganz unterschiedlich und meist sehr persönlich genähert. Die Ergebnisse reichen von einer schwarzen Urne hinter einem pietätvoll wirkenden Pferdegespann bis zu einem knallbunten, bonbonartig verpackten Kindersarg oder einer Urne mit ritueller Funktion: An ihr sind kleine Behälter mit blauem Wasser ("Himmel") befestigt, die die Angehörigen als Erinnerung mitnehmen können.

 Manu Rauber schuf diese mit Herzfrequenz dekorierte Urne.

Manu Rauber schuf diese mit Herzfrequenz dekorierte Urne.

Läuft bis 4. Oktober. Di-Fr von 15 bis 20 Uhr.

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