Nostalgisch Rauchen am Steuer: Früher cool, heute asozial

Früher war alles besser. Oder doch nicht? Beim Rückblick auf die 70er, 80er und 90er Jahre werden SZ-Redakteure nostalgisch. Heute geht es um die Kindheit im Blauen Dunst.

Nostalgisch: Rauchen am Steuer: Früher cool, heute asozial
Foto: SZ/Robby Lorenz

Im nie endenden Diesel-Skandal unseres schönen Autolandes diskutieren wir täglich über Abgas-Tests, Grenzwerte und was das alles mit unserer Gesundheit macht. Es geht um die dreckige Luft draußen. Als sich kürzlich mein Chef über sein Zigaretten-Abstinenz-Jubiläum freute und ich ihm dazu von Herzen gratulierte, stieg mir eine nikotingeschwängerte Erinnerung in die Nase: Lange Autofahrten, bei denen die Luft in der Fahrgastzelle bestimmt gesundheitsgefährdender war als heute Stuttgart bei Feinstaub-Alarm.

Mein Vater, damals leidenschaftlicher Raucher, fuhr in den 80ern einen Opel Senator, Farbe Lindgrün-Metallic mit dunkelgrünen, samtigen Sitzen und Mahagoni-Plastik im Armaturenbrett. Sehr chic und für einen Geschäftsreisenden wie ihn damals ein tolles Auto. Eigentlich genoss ich Autofahrten mit ihm, bei denen ich mich quer (und unangeschnallt) über die Rückbank flätzte, vorausgesetzt, der Hund war nicht dabei. Wären da nicht der Husten, die brennenden Augen und die aufsteigende Übelkeit gewesen, denen Kinder wie ich damals, aber auch Mitfahrer allgemein völlig selbstverständlich ausgesetzt waren. So führte der Familienausflug an die frische Luft unvermeidlich durch Schwaden blauen Dunstes. Bei einer Zigarette am Steuer blieb es nie. Wenigstens hatte der flotte, chice Senator coole Hebefenster (damals Luxus!), so dass ich mir (und dem Hund) immer mal wieder ein kühlend-frisches Autobahnwindchen um die Nase wehen lassen konnte.

Meinen Eltern kann ich heute kaum verdenken, dass sie mich  schon als Kind zur Passivraucherin gemacht haben. Obwohl ich manchmal fast auf den Frühstückstisch gekotzt habe, wenn es statt nach den frischen Brötchen schon morgens nach Nikotin stank. War eben so. Damals griffen alle zur Fluppe, heute ist das Handy ständig griffbereit und macht ebenso süchtig. Wenigstens stinkt es nicht. Zudem freue ich mich über die große Einsichtigkeit meiner Mitmenschen: Mehr als 70 Prozent der Deutschen – Raucher wie Nichtraucher – sind heute laut einer Umfrage für ein Rauchverbot im Auto.

 Tief einatmen, kräftig Gas geben. Das gehörte in den 70ern und 80ern zusammen.

Tief einatmen, kräftig Gas geben. Das gehörte in den 70ern und 80ern zusammen.

Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Das Rauchverbot in unserer Redaktion hat sich übrigens auch nur sehr langsam durchgesetzt. Aber das ist eine andere Geschichte, die ich vielleicht irgendwann mal an dieser Stelle erzähle. . .

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