Neu im Kino Was hält das Lebens-Chaos im Innersten zusammen?

Bonn · Ralf Westhoffs morgen anlaufende Beziehungskomödie „Wie gut ist deine Beziehung?“ dekliniert genau diese Grundfrage durch.

  Wie verhindert man nach fünf Jahren Liebe Ermüdungseffekte? Friedrich Mücke als Steve und Julia Koschitz als Carola in Ralf Westhoffs Komödie.  

Wie verhindert man nach fünf Jahren Liebe Ermüdungseffekte? Friedrich Mücke als Steve und Julia Koschitz als Carola in Ralf Westhoffs Komödie.  

Foto: Verleiher/Diverse

(kna) In „Wir sind die Neuen“ hat Drehbuchautor und Regisseur Ralf Westhoff eindrucksvoll bewiesen, dass er das Genre der skurrilen Komödie mit einem Schuss Gesellschaftsdiagnose zu mischen versteht. Sein neuer Film „Wie gut ist deine Beziehung?“ kommt im Gewand einer kurzweiligen Beziehungskomödie daher, weiß aber auch die neurotische Verschrobenheit der Typen, die in ihren besten Jahren sind, scharfsinnig aufzuspießen.

Der Software-Entwickler Steve (Friedrich Mücke), der amourösen Experimenten nichts abgewinnen kann und sich nach Stabilität sehnt, wittert nach fünf Jahren eingespielter Beziehung mit Carola (Julia Koschitz) Gefahr. Als einer seiner Freunde für einen um Jahrzehnte älteren Tantra-Lehrer (Michael Wittenborn) verlassen wird, überfallen ihn Selbstzweifel, zumal auch im Job übermotivierte Unternehmensberater Unruhe in die wackeligen Strukturen einer Start-up-Firma bringen.

Könnte auch Carola seiner überdrüssig werden? Ist nicht der Einfluss ihrer besten Freundin Anette (Maja Beckmann), eines militanten Singles, bereits zu spüren? Wirkt sie neuerdings nicht gelangweilt und stellt seltsame Fragen? Als ihn der verlassene Freund zu Spionagezwecken ins Tantra-Seminar des erfolgreichen Verführers schickt, kommt dem zutiefst verunsicherten Steve die Mission mehr als gelegen, denn auch er würde gerne mehr darüber erfahren, mit welchen Tricks sich Carola vom potenziellen Schlussmachen abbringen ließe.

Die Konfrontation trägt erwartungsgemäß seltsame Blüten: Steve engagiert den älteren Selbsterfahrungsprofi, um Carolas Treue auf die Probe zu stellen. Die wundert sich ohnehin längst über seine neuesten Marotten, die sie für eine handfeste Midlife-Crisis hält. Nicht nur, dass er plötzlich Wert auf körperliche Fitness legt. Auch im Bett scheint sie es mit einem Fremden zu tun zu haben. Natürlich müssen Gegenmaßnahmen ergriffen werden, zum Beispiel der Anschein einer Affäre, die hoffentlich das Eifersucht-Gen aktiviert. Ist das Netz aus Verlustpanik, Spekulationen und Missverständnissen erstmal geknüpft, gewinnt das Dialog-Ping-Pong die Oberhand, gefolgt von mancher Slapstick-Einlage, die ihren Zweck zielsicher erfüllt. Die parallele Recherche der falsch Liebenden hält jede Menge soziokulturelle Beobachtungen rund um die Stichwörter „Achtsamkeit“ und „Selbstoptimierung“ bereit, ohne allerdings einen allzu tiefen Blick hinter die Oberfläche der Figuren zu wagen.

Auch wenn das bereits erfolgreiche Rezept des kontrastreichen Generationenunterschieds auch diesmal zum Einsatz kommt – mutlose Harmoniesucht gegen abgeklärte Suche nach Intensität und Unverstelltheit – , so hat auch dieser glänzende Wurf den Vorteil eines bestens aufgelegten Ensembles, das scheinbar ohne jede Anstrengung der Unschärfe eines in die Routine abgleitenden Paarlebens kluge Volten abzugewinnen vermag. Ein Schauspielervehikel, das ein diebisches Vergnügen daran hat, Menschen zu porträtieren, die über die eigens aufgestellten Stolperfallen hinauswachsen. Dies untermalt Ralf Westhoffs „Wie gut ist deine Beziehung?“ mit einer Selbstironie, die ganz zeitgemäß fragt: Und was hält für dich das Chaos des Lebens im Innersten zusammen?

Ab morgen im Cinestar und der Camera Zwo (beide Saarbrücken).
Kritiken zu allen in dieser Woche neu anlaufenden Filmen morgen in unserer Beilage „treffregion“.

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