Nachrufe Mr. Play Bach: Zum Tod des Pianisten Jacques Loussier

Angers · Sowohl für Klassik- als auch für Jazz-Puristen war das, was Jacques Loussier weltberühmt machte, ein Sakrileg: Er begann in den späten 50ern Bach zu verjazzen.

Wenige Jahrzehnte später hatte er auf dem Weg bereits sechs Millionen Platten verkauft. „Play Bach“ hießen sie, waren in den 60er und 70er Jahren ungemein populär und improvisierten Bachs kontrapunktische Klaviermusik in Richtung Swing. Das Publikum lag ihm ob seines kammermusikalischen Easy-Listening-Jazz zu Füßen, die Anhänger der reinen Lehre rümpften hingegen die Nase.

Eigentlich war Loussier, so wird es zumindest kolportiert, eher aus Not heraus zu seinem Markenzeichen gekommen. Beim Bach-Vorspiel am Pariser Konservatorium verlor er in den 50ern den Faden, improvisierte kurzerhand weiter und landete bei Jazzanleihen. Damals bereits hatte ihn das Modern Jazz Quartet elektrisiert. Bald gründete Loussier mit dem Kontrabassisten Pierre Michelot und dem Drummer Christian Garros sein Bach in Blue Notes übersetzendes Jacques-Loussier-Trio. Bald war er Mr. Play Bach. Nach sechs Platten war es ihm dann selbst genug. Loussier zog sich 1978 nach Miraval in die Provence zurück, produzierte in seinem Studio dort noch Aufnahmen für Pop-Bands (Yes und Pink Floyd etwa), um dann doch nochmal schwach zu werden und sich an Jazz-Bearbeitungen von Satie, Ravel und Debussy zu versuchen – bis hin zu Mozart, Beethoven & Vivaldi. An seine frühen Erfolge konnte er jedoch nie mehr anknüpfen, weil seine Getreuen nichts anderes als Bach-Adaptionen wollten. Zumindest finanziell konnte ihm dies egal sein. Loussier hatte ausgesorgt und sich längst einen festen Platz in der Populärmusik erspielt. Nun ist er mit 84 Jahren gestorben.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort