Pingusson-Bau Thema beim Neujahrsempfang der Architektenkammer

Saarbrücken · Beim Neujahrsempfang der Saar-Architektenkammer stand am Montag das Flüchtlingsthema im Zentrum. Kammerpräsident Heiko Lukas widmete sich jedoch auch dem Pingusson-Bau, Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger bauchpinselte die Zunft und die Präsidentin der Bundesarchitektenkammer erinnerte an ein Grundübel.

Wie sich die Zeiten und Themen ändern, oder nicht? Sieht man sich die seit 2011 gehaltenen Reden beim Neujahrsempfang der Saar-Architektenkammer nochmal an, zeigt sich: An Aktualität haben sie nichts eingebüßt. 2011 standen Ortsbilder, Stadtentwicklung und deren baukulturelle Aufwertung im Zentrum. 2012 ging es um die teils "verheerenden Folgen" von PPP-Projekten, in denen sich öffentliche und private Hand selbige reichen. 2013 wurden die überzogenen Vergabeverfahren bei öffentlichen Baumaßnahmen kritisiert. 2014 ward die Zusammenlegung der übers Land verteilten, zwölf Unteren Bauaufsichtsbehörden (UBAs) gefordert, während im Vorjahr (wie 2014) die hohen Auswahlhürden bei Vergabeverfahren in den Fokus rückten.

Dass diesmal das Flüchtlingsthema in seinen bauwirtschaftlichen Folgen im Mittelpunkt stünde, war erwartbar. Kammerpräsident Heiko Lukas erinnerte daran, dass an der Saar 2500 zusätzliche Wohnungen für Flüchtlinge benötigt würden. Dem stünden 20 000 leerstehende gegenüber. "Man sollte also nicht einfach den Abrissbagger kommen lassen." Vielmehr sei der Leerstand eine zu nutzende Ressource. Auch wenn er unter der Maßgabe, bezahlbaren Wohnraum für alle zu schaffen, von sozialem Wohnungsbau zu flankieren sei.
Pingusson-Brachland

Mit Blick auf das 2,5 Hektar-Areal um den Pingusson-Bau, der nach dem Auszug des Kulturministeriums seit zwei Jahren leer steht und der Sanierung harrt, forderte Lukas eine städtebaulich stringente Planung für die brachliegende Bereiche. Ein Ideenwettbewerb im Verein mit dem dort geplanten Neubau der Handwerkskammer, bislang von der Zeitdruck als Hinderungsgrund vorschiebenden Landeshauptstadt abgelehnt, bleibe der Königsweg. Man dürfe das Land nicht totsparen, Investitionen seien nötig. Wobei die Architekten, da kleine Büros ob der enormen Bürokratiehürden oft überfordert seien, durch die europaweit aufgeschriebenen Vergabeverfahren (ja, ein Problem-Evergreen!) "schleichend von Planungsaufträgen abgekoppelt" würden.

Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) bauchpinselte in ihrem Grußwort die Architektenzunft, in dem sie deren "Gestaltungsauftrag" hervorhob, Gebäude treffend auch als "Ausdruck der Verfasstheit einer Gesellschaft" deutete und konzedierte, dass das Land sich seiner "baukulturellen Vorbildfunktion bewusst" sei. Dazu passte, dass sie einen neuen Preis für Gewerbe- und Industrie-Bau in Aussicht stellte. "Architektur ist ein Standortfaktor eines Bundeslandes", meinte Rehlinger. Ein Satz, an den die Politik zu erinnern an Gelegenheiten künftig hierzulande wohl kein Mangel sein dürfte.

Barbara Ettinger-Brinckmann, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer, warb für eine Stärkung des seit Jahren darbenden sozialen Wohnungsbaus - im Bund liegen die Dinge anders als im leerstandsgeplagten Saarland. Mit Nachverdichtung und Aufstockung alleine sei der Bedarf nicht zu decken. Sie warnte vor blindem Aktionismus, andernfalls entstehe eine "Zweiklassen-Gebäudegesellschaft". Haben wir die nicht längst? Die BAK-Präsidentin warb für Planungswettbewerbe, die entgegen aller Unkenrufe auch kostenmäßig "die beste Lösung" böten, und erinnerte mit Blick auf Schall- und Brandschutz an ein Grundübel: "Wir wollen alles 150-prozentig machen."

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