Peymann befürchtet Zerschlagung seines Berliner Ensembles
Berlin · Wenige Tage vor der Berliner Abgeordnetenhauswahl hat der Theaterintendant Claus Peymann den Regierenden Bürgermeister und Kultursenator Michael Müller (SPD) scharf angegriffen: Dieser produziere einen „kulturpolitischen Trümmerhaufen“.
Hintergrund der Vorwürfe des scheidenden Intendanten ist die Entscheidung von dessen designiertem Nachfolger Oliver Reese, die Verträge vieler Schauspieler am Berliner Ensemble nicht mehr zu verlängern. "Dieses Haus wird leergeputzt. Es bleibt nichts mehr", sagte Peymann und drohte Klagen von Betroffenen an. Müller stehe als Kultursenator zumindest in der Pflicht, für die sozialen Härtefälle zu sorgen. "Der Bürgermeister muss handeln. Das ist nicht nur eine kulturelle, das ist auch eine soziale Frage." Laut Peymann will sein Nachfolger rund 70 Mitarbeiter nicht übernehmen, darunter etwa 35 Schauspieler.
Die Kulturverwaltung betonte dagegen, in den technischen Abteilungen würden die Verträge fast ausnahmslos verlängert. Von den rund 70 Mitarbeitern im künstlerischen Bereich bekämen voraussichtlich rund 30 keinen neuen Vertrag. "Diese Größenordnung ist für einen Intendantenwechsel - insbesondere nach einem ungewöhnlich langen Zeitraum einer Vorgängerintendanz - in deutschen Stadttheatern absolut üblich", so die Verwaltung.
Mit ihren Personalien hat die Berliner Kulturpolitik innerhalb weniger Monate mehrfach Protest heraufbeschworen. So wehrt sich das Staatsballett Berlin massiv gegen die Ernennung der Choreografin Sasha Waltz zur neuen Intendantin. Zuvor hatte bereits die Ernennung des belgischen Museumsmanagers und aktuellen Leiters der Tate Modern in London, Chris Dercon, zum Nachfolger des langjährigen Intendanten der Berliner Volksbühne, Frank Castorf, im Sommer 2017 für einen Proteststurm gesorgt.