Perspectives Magische Bilder für einstige Superhelden

Petite Rosselle · Mit einem großen multimedialen Licht-, Musik- und Akrobatikspektakel auf dem Gelände der stillgelegten Grube in Petite-Rosselle gingen die 40. Perspectives am Samstag zu Ende.

Als die schwarze Nacht sich endgültig über das Kleinrosseler Grubengelände gelegt hatte und der Vollmond am höchsten stand, da begann er, der große Zauber. Eine „Superheldin“ stürzte vom alten Vuillemin-Fördertum und flog am Seil über die Köpfe der Zuschauer, die durch die dunkle Wiese hinterstapften und bald nicht mehr wussten, wohin sie zuerst gucken sollten. Zu den einfahrenden Bergleuten auf der Fassade des Grubenmuseums? Zu den Paaren, die auf den Backstein-Wänden des einstigen Pförtnerhauses tanzten? Oder zu den wilden Mustern, die sich auf einem Maschinenhaus weiter hinten immer schneller vorwärtsbewegten?

Es war ein wahres Bildergewitter, das die Kompanie „KompleX KapharnaüM“ zum Finale des Festivals Perspectives am Samstag mit Großprojektionen entfachte. Dank 14 Männern und Frauen, die mit tragbaren Projektoren durch die Gegend huschten, erlebte man ein multimediales Spektakel von seltener Rasanz und Dynamik. Angeführt von blinkenden Fahrzeugen, einem Bus und einem LKW, auf denen ein Schlagzeuger, ein DJ und ein Saxophonist musikalisch aufspielten, zog es tausende Zuschauern von einem Schauplatz zum anderen und wie der Rattenfänger von Hameln in seinen Bann.

Dabei war die „Soirée der digitalen Steine“ alles andere als (nur) oberflächliches Vergnügen. Vielmehr resümierte die Truppe aus Lyon – unter Verwendung von historischen Fernsehreportagen aus dem Museumsarchiv und eigenen, teils künstlerisch verfremdetem Filmaufnahmen – recht kritisch die gesamte Geschichte des Bergbaus. In Gestalt einer Schauspielerin, inmitten der flimmernden Bilder und Texte mal hoch auf der Kohlewäsche oder einem Museumsdach auftauchte, erzählte sie in sehr poetischer Weise, wie die Kohle zunächst den Menschen technologischen Fortschritt, Lohn und Brot brachte, wie der unstillbare Hunger nach Ressourcen inzwischen aber längst den Planeten bedroht. Dazwischen : die Bergleute –  bei der letzten Schicht in der Lothringer Grube mit Live-TV-Übertragung als Superhelden gefeiert, dann vergessen, müssen sie sich nun als Helden ihres schwierigen Alltags selbst Mut machen. Ein Tanz auf dem Seil – wie ihn hier eine Akrobatin in der Schlussszene vorführt. Rund 10 000 Zuschauer besuchten laut Veranstalter diesen Abend im „Parc Explor“, den das Département Moselle mit seinem Festival Cabanes als Kooperationspartner der Perspectives unter das Motto „Superhelden“ gestellt und in einer gelungenen Dramaturgie gestaltet hat.

Los ging er mit einer witzigen Brassband in Superheld-Kostümierung, gefolgt von einer berührenden und mitreißenden Tanzperformance der Compagnie Osmosis in der Choreografie von Ali Salmi im Sonnenuntergang, bevor dann die Lyoner Truppe mit ihrer Bildmagie als Höhepunkt die Grube zum Beben brachte.

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