Little Richard ist gestorben „Wenn Elvis der King ist, bin ich die Queen“

Düsseldorf · Ohne ihn hätte es die Beatles nie gegeben. Und Dylan, Bowie und Prince hätten anders geklungen. Nun ist Rock’n’Roll-Pionier Little Richard gestorben.

                 Wie viele Hunderttausend Tasten Little Richard im Laufe seines Lebens zerhämmert hat, ist leider nicht bekannt. Unser Foto zeigt ihn 2005 bei einem Konzert in Paris. Der Pionier des Rock’n’Roll ist nun im Alter von 87 Jahren an Krebs gestorben.

Wie viele Hunderttausend Tasten Little Richard im Laufe seines Lebens zerhämmert hat, ist leider nicht bekannt. Unser Foto zeigt ihn 2005 bei einem Konzert in Paris. Der Pionier des Rock’n’Roll ist nun im Alter von 87 Jahren an Krebs gestorben.

Foto: dpa/Uta Rademacher

So groß war dieser Mann: Auf die Frage, was er sich vom Leben wünsche, antwortete Bob Dylan im Jahrbuch seiner Highschool: „Ich möchte mich Little Richard anschließen.“ Das erste Lied, das Paul McCartney je in der Öffentlichkeit sang, war „Long Tall Sally“ von Little Richard. Und als ein junger Jimi Hendrix in seiner Band Gitarre spielte und es mal wieder übertrieb, wies sein Chef ihn zurecht: „Hör bitte auf, die Saiten mit der Zunge zu bearbeiten, Jimi.“

Little Richard, der nun mit 87 Jahren  an Knochenkrebs starb, hat den Rock ´n‘ Roll zwar nicht erfunden. Denn Chuck Berry und Fats Domino waren bereits erfolgreich, und Elvis nahm auch schon Platten auf, als Little Richard 1955 ins Studio ging. Aber sein Song „Tutti Frutti“, in dem es um Sex geht, hat das Genre und den Pop überhaupt verändert.

Damals durften Lieder nicht von Sex handeln, aber das ließ Little Richard nicht gelten. Er wollte Überkommenes überwinden. Deshalb setzte er sich ans Klavier und hämmerte los, als wäre es eine Gitarre. Deshalb jodelte er, schrie und jammerte. Er wollte sich nicht entscheiden zwischen Mann und Frau, er schminkte und verkleidete sich, toupierte sein Haar. „Wenn Elvis der King ist, bin ich die Queen“, sagte er.

Und er wollte sich erst recht nicht entscheiden zwischen Schwarz und Weiß. Im Süden waren die Hautfarben bei Konzerten damals getrennt, aber bei Little Richard tanzten sie am Ende gemeinsam, vereint im Groove. Seine Musik machte alle gleich, gleich menschlich. Der Schlachtruf dieser Revolution steht als Ausrufezeichen am Anfang seines ersten und berühmtesten Hits: „A-wop-bop-a-loo-bop-a-wop-bam-boom!“

Auf dem Höhepunkt des Erfolgs, 1957, erschien ihm Gott. So beschrieb Little Richard es, und Gott habe zu verstehen gegeben, dass ihm vor allem jene Aspekte der Rock-Musik nicht gefielen, die man zwischen den Zeilen von „Tutti Frutti“ findet. Deshalb drückte Little Richard nur noch rasch „Good Golly Miss Molly“ in die Charts, studierte dann die Heilige Schrift und wurde Prediger. Dem Business wollte er ohnehin entfliehen – man hatte ihn übers Ohr gehauen mit einem Vertrag, der ihm bloß einen halben Cent pro verkaufte Platte zusicherte. Also verkaufte er nun lieber Bibeln, und auch, als man ihn überredete zurückzukehren auf die Bühne, achtete Bruder Richard streng darauf, dass Gott nicht zürnte. Auf jeden Hüftschwung ließ er einen Gospel folgen, jeden Hinweis auf seine „Omnisexualität“ und jeden Alkohol- und Kokain-Exzess büßte er durch Predigten.

So ließ es sich leben: Er trat er auf, bis er 80 war und man ihn im Rollstuhl auf die Bühne schieben musste. Little Richard reicherte den Rock mit Blues und Kirchenlied an, mit Jazz und Funk. Er machte aus dem Rock ‚n‘ Roll etwas Wildes, Gefährliches, Ungezügeltes. Es hätte die Beatles ohne Little Richard nicht gegeben. Er war eine Inspiration für James Brown. Für David Bowie. Und vor allem für Prince.

Nun ist er tot. Von Verstorbenen spricht man in der Vergangenheitsform. Von diesem nicht. Little Richard ist Rock ‚n‘ Roll.

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