„12“ von AnnenMayKantereit „Ein Album, das unter Schock entstanden ist“

Köln · Das Trio AnnenMayKantereit war der Überflieger im deutschen Pop – dann warf Corona viele große Pläne über den Haufen.

 Ein Foto wie ein flüchtiges (und leicht unscharfes) Bild aus dem Urlaub. Doch das neue Album von AnnenMayKantereit klingt nicht nach Ferien, sondern nach Verunsicherung.

Ein Foto wie ein flüchtiges (und leicht unscharfes) Bild aus dem Urlaub. Doch das neue Album von AnnenMayKantereit klingt nicht nach Ferien, sondern nach Verunsicherung.

Foto: dpa/Martin Lamberty

Vier Jahre auf der Überholspur – dann die Vollbremsung durch ein Virus: Die Kölner Band AnnenMayKantereit hat eine Zeit der Extreme hinter sich und verarbeitet das auf dem gestern  erschienenen Album „12“. Die dritte Studioplatte des Deutschpop-Trios nach dem Debüt „Alles nix Konkretes“ (2016) und „Schlagschatten“ (2018) enthält 16 Lieder und Sprechgesang-Skizzen voller Gefühl – und Frust.

„So wie es war, so wird es nie wieder sein“, singt Henning May, dessen tiefe, raue Stimme einen besonderen Reiz des AMK-Sounds ausmacht, im zweiten Stück. Später, im Lied „Gegenwartsbewältigung“, behauptet der 28-Jährige: „Ich glaub‘, Corona ist berühmter als der Mauerfall und Jesus zusammen.“ Besonders das erste Drittel von „12“ ist sehr melancholisch und düster, später hellt sich die Stimmung zumindest zeitweise auf.

„Es ist ein Album aus dem Lockdown. Ein Album, das unter Schock entstanden ist“, schreiben Sänger May, Gitarrist Christopher Annen und Schlagzeuger Severin Kantereit in einem sehr persönlichen Text zu „12“. „Für uns hat es immer drei Teile gehabt – den düsteren Beginn, das Aufatmen danach und die süß-bittere Wahrheit zum Schluss.“ Deswegen gibt das Trio seinen Hörern eine Art Betriebsanleitung mit: „Wir wünschen uns, dass dieses Album am Stück gehört wird. Die Reihenfolge der Lieder hat für uns Bedeutung, und wer so großzügig ist, sich das Album auch in dieser Reihenfolge anzuhören, hat einen gepolsterten Sitzplatz in der Mehrzweckhalle unserer Herzen.“

Man merkt manchen Liedern die Verunsicherung an, mit der die Band auf den Corona-Schock reagierte: „Wir hatten die Hamburger Trabrennbahn ausverkauft, waren für Festivals gebucht, wir wollten nach St. Petersburg und Istanbul... Und dann – Zack.“ Nun kommt „12“ ausgerechnet in einer zweiten Lockdown-Phase heraus. Immerhin: Man hat jetzt viel Zeit zum genauen Zuhören. Und das lohnt sich auch hier wieder.

AnnenMayKantereit: 12. Digital schon erhältlich, ab 27. November CD und Vinyl.

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