Nina Schopka macht sich selbstständig

Saarbrücken · Nina Schopka (44) hat Intendantin Dagmar Schlingmann, die sie mit nach Braunschweig nehmen wollte, einen Korb gegeben. Die profilierte Schauspielerin verfolgt nach 24 Jahren Ensemble-Arbeit neue Pläne: Sie gründet im Saarland ein Theaterkollektiv und füllt damit eine Lücke.

 Verlässt das Staatstheater: Nina Schopka.

Verlässt das Staatstheater: Nina Schopka.

Foto: Wickert

Begehrt zu sein, es passt zu dieser zarten Rotblonden mit dem Power-Charme. Ihre Chefin Dagmar Schlingmann, die 2017 ans Braunschweiger Staatstheater wechselt, warb um sie. Auch der Schauspielchef von Linz, Stephan Suschke, wollte sie haben. Und mutmaßlich hätte ihr der neue Saarbrücker Intendant Bodo Busse wohl auch noch einen Festvertrag angeboten. Wer kann ihr schon widerstehen? Das Saarbrücker Publikum jedenfalls nicht, die Kritik auch nicht: In zehn Jahren musste Nina Schopka (44) ihren Königinnen-Sessel im hiesigen Schauspielensemble nie räumen. Doch ihn warm halten bis zur Rente? Schopka schmiedet andere Pläne - von einem anderen, freieren Theaterleben, und zwar im Saarland. Sie sollen sich 2017 realisieren. Denn als Schopka die Wahl zwischen Braunschweig und Linz oder Gastauftritten an anderen Staatstheatern hatte, da war das gar keine Qual. "Ich merkte, dass keine der Alternativen mich wirklich reizte", sagt sie. "Ich möchte nach 24 Jahren Ensembletheater diese Strukturen mal verlassen. Es ist ein Schritt in die Eigenständigkeit. Ich gehe ihn nicht aus Verbitterung, sondern aus Neugierde."

Schopka stimmt nicht den üblichen Schmähgesang über das diktatorische Regime von Regisseuren und entmündigende Produktionsprozesse in staatlichen Theatern an. Sie schildert lieber ihr Gegenmodell: ein Kollektiv gleichberechtigter Partner, das "an gesellschaftspolitisch relevanten Themen arbeitet und zu einer eigenen künstlerischen Handschrift findet".

Das Profil? "Theatralität und Diskurs verbinden." Vorbilder sind etwa She She Pop, Gob Squad oder Riminiprotokoll in Berlin. Freie Gruppen, die sich hierarchiefrei organisieren, für jede Produktion neu formieren und, wie Schopka es formuliert, "die theatralen Verabredungen des bürgerlichen Theaters aufbrechen". Im Saarland ist eine solche Formation für Schauspiel neu, denn das "Liquid Penguin" (Hörspiel/Klang) oder "Die Redner" (Video/Performance/Jazz) arbeiten auf anderen Feldern. Das war auch der Hauptgrund für Schopkas Entscheidung, ihr Kollektiv just hier anzusiedeln. Sie hat vier Mitgründer gefunden, darunter ihren Mann, den auch am SST häufig tätigen Bühnenbildner Gregor Wickert. Hinzu treten je ein Schauspieler, Dramaturg und Regisseur, deren Identität Schopka noch nicht preisgeben will. Alles noch zu früh und im Werden. Für März 2017 ist das Comingout vorgesehen; bis dahin, so Schopka, sei der Name gefunden ("Vielleicht bringt ihn das Christkind") und das erste Projekt inhaltlich definiert. Es soll im Winter 2017 Premiere haben. Doch zwei Dinge stehen schon felsenfest: "Ich möchte auf keinen Fall Chefin sein."

Auch soll es keine feste Spielstätte geben, denn damit, meint Schopka, lege man für das Publikum die falsche Fährte Richtung alte Gewissheiten und Gewohnheiten. Nein, das Theaterkollektiv präferiere unkonventionelle Räume, die Produktionen sollen überregional touren, auf Festivals und auch an Staatstheatern laufen. Das klingt nach sportlichem Ehrgeiz.

Galoppiert da eine Richtung existenzielle Gefährdung? Schließlich ist Schopka Mutter von zwei Kindern. Doch sie hat bereits Fühler Richtung Sponsoren und Politik ausgestreckt und sieht, wie sie sagt ermutigende "grüne Lichter". Und wenn der Traum vom anderen Theaterleben floppt? Königinnen müssen nicht ängstlich sein, für sie gibt es immer Jobs.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort