Rezension Coldplay ganz leise zurück im Alltagsleben
Saarbrücken · Bereits der Einstieg des neu erschienen achten Coldplay-Studioalbums „Everyday Life“ stimmt positiv. „Sunrise“ gibt nicht nur der ersten Hälfte des 52-minütigen Werks den Namen, sondern überrascht auch mit rein symphonischer Instrumentierung.
Das wunderbar reduzierte „Trouble In Town“ setzt sich intensiv mit Polizeibrutalität und -willkür gegen Menschen auseinander. Dem Call-and-response-Gospel „BrokEn“ folgt das musikalisch rührselige, aber textlich berührende „Daddy“. „Arabesque“ überzeugt in der Zusammenarbeit mit dem belgischen Rapper/Singer-Songwriter Stromae, dem vielleicht jazzigsten Saxofon-Solo des Jahres und der Message, dass Musik uns alle vereint.
Der zweite Abschnitt – „Sunset” betitelt – beginnt mit der Anklage „Guns“ und fügt nahtlos die Vorabsingle „Orphans“ an. Die klingt zwar positiv und mitreißend, erzählt aber die an sich traurige Geschichte von Rosaleem und ihrem „Baba“, die aus Syrien flüchten müssen. Es folgen noch musikalisch sehr zurückhaltende Stücke wie „Cry Cry Cry“, „Friends“ oder „Children of Adam“, die teilweise so leise arrangiert sind, dass man den Lautstärkeregler lauter drehen muss.
Das „Everyday Life“ – also: Alltagsleben – aus Sicht von Coldplay erzählt also intime Geschichten inmitten des Trubels der Weltpolitik. Dass das Quartett das vollbringt, ohne die großen und so lauten Akteure zu benennen oder anzuklagen, über die man ohnehin jeden Tag in den Nachrichten informiert wird, macht das Album trotz einiger Längen durchaus sympathisch. Die Mischung aus World-Music-Anleihen, Gospelchören, Soundspielereien und Radiohit überzeugt nicht in ganzer Länge. Dennoch: Ein grauenvoller Ausrutscher ist nicht dabei. Stattdessen scheinen sich die vier Musiker auf ihre Anfänge zurückzubesinnen und ein Album aus einem Guss vorlegen zu wollen.
Coldplay: Everyday Life (Parlophone/Warner)