Nette Silhouette

St Ingbert · Premiere beim Kleinkunstwettbewerb in St. Ingbert: Bei der Pfanne war erstmals die Kunst des Schattentheaters vertreten. Doch der Auftritt der „Mobilés“ war nicht der einzig gute an diesem Abend.

"Ihr werdet heute alle Sinne brauchen!", warnte Moderator Philipp Scharri am Dienstag vor. Der dritte Wettbewerbstag der St. Ingberter Pfanne bot, wie bereits die Abende zuvor, ein Kontrastprogramm. Diesmal mit ulkig-rustikaler Comedy in Text und Lied, einer furiosen gesellschaftsbissigen Ein-Mann-Show und einer absoluten Premiere: Schattentheater. Diesen ebenso komischen wie poetischen visuellen Leckerbissen schufen zum Auftakt in der Tiefe der Bühne "Die Mobilés": mit tänzerischer Leichtigkeit und verblüffend komponierten Bildern aus menschlichen Körpern und Objekten. Ein Leinwand-Spektakel in 2D, in Farbe und Schwarzweiß, das durch das Spiel mit der Entfernung räumlich wurde, indem es Körper und Details ins Riesenhafte wachsen oder ins Zwergenhafte schrumpfen ließ. Begleitend entfalteten Taschenlampen-Effekte und ein illustrierender Soundtrack ihre Wirkung.

Mit ihren optischen Täuschungen bebilderten die Mobilés eine fantastische Reise um die Welt, ließen Tiere und Gebäude erstehen und stellten sogar Gefühle dar: Sie erzählten das Großwerden eines Kindes, inklusive mütterlicher Ängste und der Halluzinationen des ersten Drogentrips. Zum Finale gab's stilechte Film-Parodien von Casablanca bis zu James Bond.

"Frauen an den Nerd!" forderte danach Jens Heinrich Claassen, pummeliger Sympathieträger am Flügel und bekennender Computerfreak. Angeblich geht er nur auf die Bühne, weil er sonst niemanden zum Reden hat. Das mag man kaum glauben, bei so viel Leutselig- und Schlagfertigkeit: Mit entwaffnender Ehrlichkeit berichtete der Mann "mit Transpirationshintergrund" von seinen Junggesellen-Nöten und Internet-Kuppel-Börsen - ein glänzender Unterhalter, der seine Witze stets auf eigene Kosten macht. Nach einem Stegreif-gereimten Lied lag ihm das Publikum vollends zu Füßen.

Zum Abschluss folgte mit "DeGenerationskonflikt" ein kalkuliert wuchtiger Wutausbruch - eine in Übertreibungen schwelgende Suada des Zorns, eine Abrechnung mit der Blödheit der Deutschen, ihrem Behördenwahn, ihrer herdengetriebenen Medienhörigkeit und reflexartigen Verführbarkeit. Peter Weigl ist ein großartiger Rhetoriker und brillanter Schauspieler - ein Kraftmensch, der im rasanten Rollenwechsel Dialoge plastisch werden lässt, stereotype Denkschemata lustvoll entlarvt und obendrein zynische Filmanalyse an Blockbustern betreibt. Politisch korrekt? Nein. Aber schmerzhaft gut.

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