Nachwuchs für das Nachwuchs-Kino

Saarbrücken · Svenja Böttger heißt die neue Leiterin des Saarbrücker Filmfestivals Max Ophüls Preis. Das hat der Aufsichtsrat des Festivals am Freitag einstimmig beschlossen. Die Berlinerin ist 27 Jahre alt, studiert noch, hat aber bereits Festival-Erfahrung. Ihr Vertrag läuft drei Jahre.

 Svenja Böttger, die neue Ophüls-Leiterin. Foto: Böttger

Svenja Böttger, die neue Ophüls-Leiterin. Foto: Böttger

Foto: Böttger

Als 1980 das erste Ophüls-Festival über die Bühne ging, war seine neueste Leiterin noch nicht geboren. Die Nachwuchs-Filmschau bekommt nun ihre bisher jüngste Leiterin: 27 Jahre alt ist Svenja Böttger, die in den nächsten drei Jahren das Filmfestival Max Ophüls Preis leiten soll. Der Aufsichtsrat und die Stadt Saarbrücken teilten die Neubesetzung am Freitag mit. Da war die Medienwissenschaftlerin nach ihrem Bewerbungsgespräch schon wieder in Berlin; vorstellen will sie ihre Pläne erst, wenn sie mit dem Festivalteam gesprochen hat. Aber sie teilte schon mal mit, die Festivalleitung sei "eine Ehre".

Böttger schließt laut Stadt gerade ihr Masterstudium an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf ab, zuvor studierte sie in Braunschweig Medien- und Kunstwissenschaft. 2014/2015 war sie für die Gesamtleitung des Empfangs der Filmhochschulen während der Berlinale verantwortlich; 2014 leitete sie das internationale Studentenfestival ihrer Hochschule, "Sehsüchte". Dort habe sie bereits Festivalteams geleitet und "gute Kontakte zu den Filmhochschulen im deutschsprachigen Raum" aufgebaut, attestiert ihr die Stadt. Ein Artikel der "taz" von 2014 über Filmstudenten nennt Böttger im Zusammenhang mit "Sehsüchte" gar "so etwas wie die studentische Version von Berlinale-Chef Dieter Kosslick".

Fünf Bewerber hatten sich am Donnerstag in Saarbrücken einer Auswahlkommission vorgestellt: Neben je einem Stadtratsmitglied von SPD, CDU, Grüne und Linke gehörten dem Dieter Wiedemann an, bis 2012 Präsident der Filmuni Babelsberg Konrad Wolf, und Gabriele Brunnenmeyer, zuständig für "Projektbetreuung Talentfilm" beim Kuratorium junger deutscher Film. Sie empfahlen Böttger dem neunköpfigen Ophüls-Aufsichtsrat, der sich einstimmig für sie entschied. Der Aufsichtsratsvorsitzende Ralf Latz (SPD) versprach Böttger "eine breite Unterstützung". Ermutigend, war dies doch genau das, was der Festivalleiterin Gabriella Bandel zuletzt nicht mehr zuteil wurde - sonst hätte man sie beim Festival behalten.

Dass die jetzige Kandidatensuche ohne öffentliche Ausschreibung ablief, hatte vorab zu Diskussionen geführt: Für die Stadt ist das "im Kulturbereich nicht unüblich", während die Opposition von einem "Hau-Ruck-Verfahren" und "Täuschung" (CDU) sprach, auch von "fatalem Agieren" (FDP). Als die Stadt darauf verwies, man habe sich auch von Vertretern des Verbands deutscher Filmkritiker (VDFK) beraten lassen, widersprach der VDFK: Es habe "keinerlei Beratung" gegeben, "im Gegenteil beobachtet der VDFK mit Sorge und Verwunderung, wie ein funktionierendes, über Deutschland hinaus renommiertes Festival durch politische Willkür gefährdet wird".

Böttger wird jetzt Ruhe ins Festival bringen müssen. Denn der hässliche Abschied von der erfolgreichen Leiterin Gabriella Bandel hat die Ophüls-Reputation beschädigt: angefangen mit der Sprachregelung einer vermeintlich "einvernehmlichen Entscheidung", gefolgt von verdächtig lautem Schweigen der Beteiligten - bis zu den Aussagen des Aufsichtsrats nach dem Festival, denen Bandel energisch widersprach. Ophüls - ein Scherbenhaufen.

Dieser Hintergrund könnte erklären, dass sich mit fünf Kandidaten recht wenig Bewerber gemeldet haben - als die Stadt 2005 einen Nachfolger für den scheidenden Ophüls-Leiter Boris Penth suchte, meldeten sich immerhin 15. Zurzeit wird auch kolportiert, ein Großteil des Festivalteams sei frustriert abgewandert, zum Teil in Richtung Hof; Festival-Sprecherin Karin Kleibel erklärte am Freitag auf Anfrage, dass nur zwei Personen aus dem Team das Festival verlassen und das schon länger geplant hätten. Gerüchte, Spekulationen - beim Festival ist noch keine Ruhe eingekehrt.

Meinung:

Alle Händevoll zu tun

Von SZ-RedakteurTobias Kessler

Jede Menge zu tun gibt es für Svenja Böttger. Sie muss mit einem stagnierenden Festival-Etat arbeiten, also sparen, ohne dass es auffällt. Sie muss aus der verbrannten Erde, den der Streit um den unwürdigen Abschied der erfolgreichen Festivalleiterin Gabriella Bandel hinterließ, wieder eine grüne Wiese machen, auf der sich ebenso junge Filmemacher wie bewährte und vielleicht auch neue Sponsoren gerne niederlassen. Ach ja, ein gutes Filmprogramm muss sie sowieso präsentieren. Ihr Vorteil: Trotz personeller Turbulenzen steht das Festival künstlerisch exzellent da. Willkommen bei Ophüls - und toi, toi, toi.

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