Schwache Eröffnung mit „My Salinger Year“ Berlinale-Start mit viel Ernst und einer Enttäuschung

Berlin · Der Kontrast zu den Vorjahren war deutlich zu spüren. Die feierliche Eröffnung der 70. Filmfestspiele sollte eigentlich ganz im Zeichen einer Erneuerung unter der frisch angetretenen Leitung von Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek stehen.

Doch die Betroffenheit über das rassistische Attentat von Hanau ließ die unter Dieter Kosslick stets launig gehaltene Veranstaltung ernst geraten. Das Festival wende sich gegen Rassismus und Gewalt, hieß es immer wieder. Mit einer Schweigeminute wurde der Opfer gedacht. Die Berlinale stehe für Toleranz, Respekt und Gastfreundschaft, betonte Rissenbeek bei ihrer Begrüßung. Und Carlo Chatrian ging in seiner Ansprache noch etwas weiter, indem er die Solidarität einer Kinogemeinschaft beschwor: „Wenn wir im Kino sitzen, sind wir ein Publikum, ohne Unterschiede was Klasse, Sprache, Religion angeht. Das Kino bringt uns zusammen“.

Solchen Ansprüchen wurde der Eröffnungsfilm, „My Salinger Year“ von Philippe Falardeau nicht gerecht. Außerhalb des Wettbewerbs startend, erzählt die Verfilmung der 2014 erschienenen Memoiren von Joanna Rakoff von einer 20-Jährigen, die Mitte der 90er nach New York kommt (wir berichteten) – ein Film der betonten Harmlosigkeit. Für die Ära des vorigen Leiters Dieter Kosslick wäre „My Salinger Year“ noch gut durchgegangen. Als Auftakt für ein Festival, das unter der neuen Doppelspitze Chatrian-Rissenbeek sich und das Kino auf neue Weise ernst nehmen will, ist er eine erste Enttäuschung.

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