Museen öffnen wieder Spuckschutz nebst Kunstobjekt

Mainz/Ludwigshafen · Ein Mund-Nasen-Schutz ist Pflicht in den wiedereröffneten Museen in Rheinland-Pfalz. Die Corona-Krise hat in den Häusern noch einiges mehr verändert – könnte langfristig aber auch positive Folgen haben.

 Eine Mitarbeiterin trägt im Druckladen des Gutenberg-Museums in Mainz Farbe auf einen Lithostein auf. Das Museum hat seine Türen für Besucher seit Dienstag wieder geöffnet.

Eine Mitarbeiterin trägt im Druckladen des Gutenberg-Museums in Mainz Farbe auf einen Lithostein auf. Das Museum hat seine Türen für Besucher seit Dienstag wieder geöffnet.

Foto: dpa/Andreas Arnold

Durch einen von rot-weißem Flatterband umfassten Gang geht es in das Allerheiligste des Mainzer Gutenberg-Museums. Maximal zwei Personen dürfen gleichzeitig in den Tresorraum zu den Original-Bibeln von Johannes Gutenberg, des berühmtesten Sohnes von Mainz und des Erfinders des modernen Buchdrucks mit beweglichen Lettern. Die Auflage ist Teil eines komplexen Hygieneplans, den das renommierte Haus ausgearbeitet hat, damit am Dienstag wiedereröffnet werden konnte. In ganz Rheinland-Pfalz tun das seit dem 11. März immer mehr Museen nach wochenlanger Schließung in der Corona-Pandemie – mit neuen Regeln, Wegeführungen und Erfahrungen.

Rund 500 Museen gibt es nach Angaben des Museumsverbandes Rheinland-Pfalz zwischen Westerwald und Pfalz. 80 waren der Webseite des Verbandes zufolge am Dienstag wieder auf. Das Spektrum reicht von Flaggschiffen wie dem Gutenberg-Museum, dem Arp-Museum in Remagen oder dem Technik-Museum in Speyer bis hin zu kleinen ehrenamtlich betriebenen Häusern. Letztere machten rund 65 Prozent der Museen aus, sagt Verbands-Geschäftsführerin Bettina Scheeder.

Der Neustart unter Auflagen stelle insbesondere ehrenamtlich betriebene Museen vor gewaltige Aufgaben, betont Scheeder. Zahlreiche Ehrenamtliche zählten schon wegen ihres Alters zur Risikogruppe in der Pandemie, nötige neue Raumkonzepte oder Wegeführungen seien eine große Herausforderung. Größere Veranstaltungen wie Vorträge oder umfangreichere Führungen seien noch tabu, für die Museen aber eminent wichtig. Es müsse immer individuell geschaut werden, ob die Wiedereröffnung derzeit möglich sei und ob sie sich lohne.

Im Gutenberg-Museum steht am Eingang Desinfektionsmittel, es muss ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden, nicht alle Bänke sind zum Sitzen freigegeben. Die Treppenhäuser sind zu Einbahnstraßen geworden. Führungen gibt es nur in kleiner Form mit höchstens vier Personen aus einem Haushalt, wie Ludwig erklärt. Das Arp-Museum ganz im Norden von Rheinland-Pfalz, das sich dem künstlerischen Schaffen von Hans Arp und Sophie Taeuber-Arp widmet, verzichtet noch ganz auf Führungen – voraussichtlich bis Ende August, wie Sprecherin Claudia Seiffert sagt. Das sei zwar schade, aber der gebotene Abstand von anderthalb Metern lasse sich hier schlicht nicht immer einhalten.

Im Arp-Museum sind wie in anderen Häusern Plexiglas-Scheiben aufgebaut worden. Es gibt Personenbegrenzungen für alle Räume, vor den Aufzügen Wartepositionen. Das Arp-Museum spricht von Einnahmeverlusten von rund 150 000 Euro wegen der Schließung – es fehlen Eintrittsgelder sowie Einnahmen der Museums-Gastronomie, von Führungen und dem Shop.

In den Landesmuseen in Mainz, Trier und Koblenz unter dem Dach der Generaldirektion Kulturelles Erbe (GDKE) ging es am vergangenen Freitag wieder los. Auch einige der landeseigenen Burgen und Schlösser können wieder besucht werden. Am vergangenen Wochenende habe man schon erste Erfahrungen gesammelt, sagt GDKE-Generaldirektor Thomas Metz. In den Landesmuseen seien es deutlich weniger Besucher als sonst gewesen, an anderen Stätten, die klassische Ausflugsziele seien wie die Burg Trifels im Pfälzerwald oder die Festung Ehrenbreitstein in Koblenz, seien hunderte gekommen.

Mit Blick auf die Auflagen sagt Metz: „Der Aufwand an Betreuung ist deutlich höher.“ Mitmachgeräte müssten in engen Abständen gereinigt und desinfiziert werden, andere müssten abgestellt werden. „Wir suchen überall kreative Lösungen.“ So seien Touchscreens in Ausstellungen nicht mehr mit dem Finger zu bedienen, sondern es gebe Sticks, die die Besucher dann mit nach Hause nehmen könnten.

Ungenutzt verstrichen ist die Zeit der Schließung in kaum einem Museum. Das Technik Museum Speyer reinigte zum Beispiel Exponate wie Flugzeuge auf dem Außengelände, befreite sie mit Heißdampf von Folgen der Witterung. Im Gutenberg-Museum halfen Aufsichtskräfte und Kassenpersonal an vielen Ecken mit, es wurden Vitrinen ausgebessert, Lagerbestände inventarisiert. Auch baute das Museum seine Online-Kommunikation aus, der Auftritt auf Facebook wurde „wiederbelebt“, wie Leiterin Ludwig berichtet.

Der rheinland-pfälzische Kulturminister Konrad Wolf (SPD) hofft auf einen Digitalisierungsschub in Museen. „Man sieht jetzt, was möglich ist.“ Im Mainzer Landesmuseum werden die hier üblichen Führungen „Kunst zur Mittagspause“, bei denen immer ein Kunstwerk im Fokus steht, online angeboten, wie Direktorin Birgit Heide erzählt.

Das Naturhistorische Museum in Mainz begrüßt ebenfalls seit Dienstag wieder Besucher. Hier haben Aufsichten und Kassenpersonal während der Schließung bei der Sammlungspflege und Datenerfassung geholfen, wie Leiter Bernd Herkner sagt. Manche hätte das Depot des Museums im Stadtteil Hechtsheim zum ersten Mal gesehen und eine ganz neue Bindung zu ihrem Arbeitgeber aufgebaut.

In dem etwa 1700 Quadratmeter großen Museum sind derzeit nur 85 Besucher erlaubt, wegen vieler Zwischengeschosse und der räumlichen Gegebenheiten sei viel Energie in ein Wegekonzept gesteckt worden, um Engpässe zu vermeiden. Herkner und sein Team hatten auch mit ganz praktischen Problemen zu kämpfen. Um die Zahl der Besucher kontrollieren zu können, wollte das Museum beispielsweise Handzähler bestellen. „Doch die waren alle vergriffen“, sagt Herkner. Nun werde zunächst mal mit Chips gearbeitet, die Besucher an der Tür bekommen.

Ungeachtet all der Mühen überwiegt hier wie dort nun die Zuversicht. Die Mainzer Kulturdezernentin Marianne Grosse (SPD) hat die Hoffnung, dass sich viele Menschen des Stellenwerts kultureller Angebote wieder bewusster werden – zu sehr habe viele in der Krise „der Verzicht auf Kultur auf so breiter Front“ geschmerzt. Die Direktorin des Landesmuseums Mainz, Heide, sagt: „Ich denke schon, dass der Hunger groß ist.“ Am vergangenen Sonntag sei sie von einem Ehepaar angesprochen worden, das schon gleich morgens gekommen sei. Sie hätten gesagt: „Endlich dürfen wir wiederkommen.“

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