Ausstellung in Saarbrücken Lohn der Vitrinen: Saarbrücker Schau „Goethe & der Bergbau“

Saarbrücken · Auf den Tag genau vor 247 Jahren inspizierte der junge Goethe auf seiner Reise von Straßburg nach Zabern, Saarbrücken und Bitsch am 29. oder 30. Juni 1770 in Dudweiler den Brennenden Berg – ein schwelendes Kohleflöz, das noch heute wie ehedem jenen Schwefelgeruch abgibt, der bei Goethe als „seltsames Begegnis“ Erwähnung findet. Im Saargebiet, schrieb er Jahrzehnte später in „Dichtung und Wahrheit“ sei er „nun eigentlich in das Interesse der Berggegenden eingeweiht und die Lust zu ökonomischen und technischen Betrachtungen, welche mich einen großen Teil meines Lebens beschäftigt haben, zuerst erregt“ worden. Ehrensache, dass dieser bis heute viel zitierte dichterische Ritterschlag in einer Ausstellung nicht fehlen darf, die „Goethe und der Bergbau“ überschrieben und seit Mittwoch in der Saarbrücker Universitäts- und Landesbibliothek zu sehen ist.

  Auf den Tag genau vor 247 Jahren inspizierte der junge Goethe auf seiner Reise von Straßburg nach Zabern, Saarbrücken und Bitsch am 29. oder 30. Juni 1770 in Dudweiler den Brennenden Berg – ein schwelendes Kohleflöz, das noch heute wie ehedem jenen Schwefelgeruch abgibt, der bei Goethe als „seltsames Begegnis“ Erwähnung findet. Im Saargebiet, schrieb er Jahrzehnte später in „Dichtung und Wahrheit“ sei er „nun eigentlich in das Interesse der Berggegenden eingeweiht und die Lust zu ökonomischen und technischen Betrachtungen, welche mich einen großen Teil meines Lebens beschäftigt haben, zuerst erregt“ worden. Ehrensache, dass dieser bis heute viel zitierte dichterische Ritterschlag in einer Ausstellung nicht fehlen darf, die „Goethe und der Bergbau“ überschrieben und seit Mittwoch in der Saarbrücker Universitäts- und Landesbibliothek zu sehen ist.

Nicht deshalb ist sie zu rühmen, sondern weil diese Kabinettschau des Literaturarchivs Saar-Lor-Lux-Elsass eine kleine Lehrstunde im Erschließen historischer Quellen ist und eine wohltuende Feier des Analogen in digitalen Zeiten. Klingt entsetzlich altbacken, ohne doch so gemeint zu sein. Sicher, in Vitrinen ausgelegte Erstausgaben in Frakturschrift sind nicht eben sexy. Die Mühe, sie zu entziffern, aber lohnt. Ermöglicht sie doch ein Eintauchen in die uns Dauerberieselten Äonen weit entfernt scheinende, übersichtlichere  „Goethezeit“. Je mehr man sich festliest in dieser Flachware – Textauszüge aus Dichtungen, Reiseberichten und morphologischen Studien des späten 18. und frühen 19. Jhr. (und deren kundigen Erläuterungen von Archiv­leiter Sikander Singh) – umso mehr kondensiert sich darin pars pro toto der Wissensdurst des Zeitalters der Aufklärung. Ihr naturwissenschaftlicher Geist. Ihr raunendes Pathos. Und ihre fast schon rührende Fortschrittsseligkeit.

Zwölf Stationen hat Singh aufgebaut, anhand derer er Goethes jahrzehntelange Beschäftigung mit Fragen der Gesteinskunde und Montanwissenschaft nachzeichnet und diese in Beziehung setzt mit anderen Quellen und Einschätzungen der Zeit. Ins Zentrum gerückt ist Goethes Wirken als Geheimer Legationsrat unter Herzog Carl August in Weimar – genauer gesagt seine Rolle im Zusammenhang mit der Wiederbelebung des Kupfer- und Silberberg­baus im 50 Kilometer von Weimar entferten Ilmenau. Goethe, groß geworden mit der Naturaliensammlung seines Vaters Johann Caspar Goethe und später bei seinen geologischen Studien maßgeblich von Humboldts Naturforschungen elektrisiert, leitete zwischen 1780 und 1804 die dazu einberufene Bergwerkkommission. Goethes und des Herzogs Hoffnung, in Ilmenau größere Silbervorkommen zu finden, um damit den Weimarer Schuldenstaat zu sanieren, erfüllten sich nicht. Im Gegenteil: Ilmenau erwies sich als Fiasko. Nicht nur, dass das Bergwerk durch Wassereinbrüche auf Jahre hin nicht zu nutzen war. Die mit dem Kapital vermögender Kreise bestückte Aktiengesellschaft, die zum Betrieb des Bergwerks eigens gegründet worden war, hatte statt der veranschlagten 20000 Taler am Ende 76000 hineingesteckt. Verbranntes Geld. Dabei hatte der Geheime Legationsrat bei der Inbetriebnahme 1784 noch geweissagt, der Ilmenauer (Johannes-)Schacht solle die „Thüre werden, durch die man zu den verborgenen Schätzen der Welt hinabsteigt“. Singhs kleine tour d’horizon streift viele Themenfelder. Ob nun den damaligen, letztlich die Geologie begründenden Streit zwischen den sogenannten „Neptunisten“(die wie anfänglich Goethe annahmen, Gesteine seien Ablagerungen aus einem Ur-Ozean) und den „Plutonisten“ (die sie wie der später auch Goethe bekehrende Humboldt als vulkanischen Ursprungs begriffen). Oder den Niederschlag von Goethes mineralogischen Untersuchungen in seiner Dichtung (sei es in „Wilhelm Meisters Wanderjahre“ oder in „Faust II“). Zuletzt jedenfalls ist man fast gewillt, wie weiland Goethe durch Landschaften zu streifen, „um ihre topographischen Strukturen und Formationen nachzuvollziehen und zu begreifen“ (Sikander Singh).

Bis 25. August in der Saarländischen Universitäts- und Landesbibliothek (SULB). Mo bis Fr: 9-21 Uhr, Sa: 10-15 Uhr.

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