Ausstellung in Paris „Die Idee fand ich erstmal langweilig“

Paris · Peter Lindbergh, berühmt für Porträts von Stars und Supermodels, hat sich nun den Skulpturen von Alberto Giacometti gewidmet – zu sehen in Paris.

 Das Triptychon „Stehende Frau“ von Peter Lindbergh, im Vordergrund Büsten und Figuren von Alberto Giacomettis „Annette“.

Das Triptychon „Stehende Frau“ von Peter Lindbergh, im Vordergrund Büsten und Figuren von Alberto Giacomettis „Annette“.

Foto: dpa/Sabine Glaubitz

Das Licht fällt auf die Stirn und lässt die Augenhöhlen noch dunkler erscheinen. Die Lippen wirken verbittert und ausgezehrt. Die Fotografien der Skulpturen von Alberto Giacometti (1901-1966) stammen von Peter Lindbergh. Ein für den deutschen Fotografen ungewöhnliches Motiv, denn Lindbergh ist mit seinen einzigartigen Schwarzweiß-Aufnahmen von Schauspielern und Supermodels zum Star geworden.

Zu sehen sind die Fotografien in dem vor rund sechs Monaten eröffneten Giacometti-Institut in Paris. Eine Ausstellung, die zurecht den Titel trägt: „Seizing the Invisible“/„Das Unsichtbare erfassen“. Gezeigt werden bis zum 24. März über 60 Fotos und Skulpturen, die sich im Dialog gegenüberstehen. Lindbergh hat nicht einfach nur Skulpturen abgebildet. So etwas hätte ihn überhaupt nicht interessiert, sagt er im Interview in Paris. „Grundsätzlich fand ich die Idee, Skulpturen zu fotografieren, erstmal langweilig. Aber dann ist da etwas ganz Tolles passiert.“

Was der 74-Jährige damit meint, erschließt sich mit einem Blick auf die Werkschau. Man hat den Eindruck, dass die Skulpturen Giacomettis leben und sich bewegen. Giacomettis kleingestaltige stehende Frau (Femme Poseuse I), die Lindbergh großformatig als Triptychon abgebildet hat, wirft dem Besucher einen Blick zu, der durch seine Tiefgründigkeit fesselt. Die Riesenkomposition „Drei Figuren und ein Kopf“ erinnert an ein Schattentheater, in dem die Figuren zu leben beginnen.

Giacometti hat sich an seinen Werken aufgerieben, sie immer wieder zerstört im Versuch, den Blick des Modells zu erfassen, denn für Giacometti war der Blick der Zugang zur Seele. So wie Giacometti sucht auch Lindbergh etwas einzufangen, was über den Blick und das Porträt hinausgeht: „Da entsteht etwas, was man für dich hält, aber was du gar nicht bist.“

Lindberghs Porträts sind keine Abbildungen von Personen. „Eine Person ist so komplex und intelligent, das kann man nicht fotografieren.“ Lindbergh sucht das, was sich hinter einer Person verbirgt, so wie Giacometti, der einst sagte, dass es unmöglich sei, das wiederzugeben, was man sehe.

Alberto Giacometti und Peter Lindbergh: Eine Gegenüberstellung, die zunächst befremdet. Am Ende der Ausstellung scheint der Dialog jedoch fast schon selbstverständlich: Ihre Suche nach dem „Unfassbaren“, ihr weitgehender Verzicht auf Farbe und ihre ganz persönliche Ästhetik. Für Lindbergh ist Giacometti der Inbegriff von Künstler und Kunst, denn dieser habe lange nach seinem eigenen Weg gesucht.

Lindberghs neues Abenteuer begann 2015. Da habe man ihn gefragt, ob er nicht Fotos von Werken des Schweizer Künstlers in der Alberto-Giacometti-Stiftung in Zürich machen könne. In Paris setzte er dann seine Arbeit im Giacometti-Institut fort. Eine Arbeit, die noch nicht zu Ende sei: „Das sind tolle Fotos, aber ich bin da überhaupt noch nirgendwo angekommen.“

Informationen zum Giacometti-Institut: www.fondation-giacometti.fr

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