Zukunft der Musikfestspiele Saar Leonardys optimistische Zukunftsmusik für das Saar-Festival

Saarbrücken · Bernhard Leonardy hat das Ruder der Saar-Musikfestspiele übernommen. „New Generation“ heißt das Motto für 2019. Jung und europäisch soll es werden.  

 Bernhard Leonardy, Chef der Musikfestspiele (l.), mit dem Musikwissenschaftler Jean Christophe Keck in Paris.

Bernhard Leonardy, Chef der Musikfestspiele (l.), mit dem Musikwissenschaftler Jean Christophe Keck in Paris.

Foto: Verena Mathieu

Es hat sich was getan. Dass die Musikfestspiele Saar mal ihr Programm zwei Jahre vor dem nächsten Festival quasi fix haben würden: Wer hätte darauf je gewettet? Festivalgründer Robert Leonardy präsentierte sich ja oft genug als Last-Minute-Paganini. Sohn Bernhard, jetzt Chef vom Ganzen, hat die Ausgabe 2019 hingegen schon durchgetaktet und zugleich auch Kritik an früheren Ausgaben ausgeräumt. „New Generation“ überschreibt er die Edition 2019; die Ländermotti sind passé. Leonardy junior will junge Musiker ins Zentrum der neuen Festivalgeneration rücken, aber auch weiterhin große Solisten und Orchester präsentieren. So viel Kontinuität dann doch. Und zu Recht. Schließlich hat das Festival bislang eben damit gepunktet, dass man Top-Musiker hierher lotste, die sonst bloß einen weiten Bogen um das Saarland machten.

„Das Festival soll straff sein“, skizziert Bernhard Leonardy seine Planung. Start am 24. April 2019, am 26. Mai ist Schluss. Genug Raum für rund 20 Konzerte. Und in den traurigen Hochzeiten der Europa-Zweifler will Leonardy auch ein Pro-Europa-Zeichen setzen. Der Organist macht das im Kleineren mit der interregionalen Konzertreihe „Orgues sans frontières“ übrigens schon seit Jahren.

Jung, vielfältig und im Kern deutsch-französisch soll es also werden. Dazu passt natürlich ein Auftritt des Jugendorchesters der Europäischen Union mit seinem Chefdirigenten Vasily Petrenko. Zu den Jungen zählt auch Mirga Grazinyte-Tyla, die 2016 das City of Birmingham Symphony Orchestra übernahm (mit Simon Rattle kam das Orchester zu internationalem Ruhm). Die 31-jährige Litauerin dirigierte hier bereits die Deutsche Radio Philharmonie, war sogar mal als deren Chefin im Gespräch, bevor die Lockrufe aus Birmingham übermächtig wurden. Gražinyte-Tyla und die Birminghamer kommen nun jedenfalls zum Saar-Festival. Wie die chinesische Top-Pianistin Yuya Wang, auch eine Dreißigerin und 2017 „Artist of the year“ in den USA. Zum Finale will Leonardy zusammen mit der Hochschule der Bildenden Künste (HBK), 2019 dann Dreißiger Nummer drei, ein Open Air auf dem Ludwigsplatz stemmen. Und um den Europa-Faden nochmal aufzunehmen: Dafür hat der Festivalchef noch was ganz Exklusives parat. Der französische Musikwissenschaftler Jean-Christophe Keck hat über 20 000 Notenseiten von Jacques Offenbach aufgestöbert. Darunter viel Unaufgeführtes. So wird 2019 auf jeden Fall ein „neues“ Werk des in Köln als Jakob Offenbach geborenen Komponisten hier zu hören sein, der als  Jacques Offenbach in Paris mit seinen Operetten der Liebling vieler Saisons wurde. Und das im Jahr von Offenbachs 200. Geburtstag. Deutsch-französische Musik par excellence.

Klingt also alles schon recht klar, sehr fix. Doch wozu diese Eile? „Das Programm muss ein Jahr im Voraus fertig sein, damit es auch touristisch vermarktbar ist“, betont Leonardy. Das Geld muss schließlich reinkommen, nach wie vor ist das Finanzgerüst des Festivals fragil. Immerhin seien die Sponsoren erfreulich treu, so der neue Festspielchef. Auch der stattliche Förderverein habe seine Mitgliederzahl von 900 auf 970 beträchtlich gesteigert. Fast schon ein trotziges Bekenntnis zu dem Klassiker aus dem Hause Leonardy. Unkten doch viele schon, seit das Land seine Zuschüsse zu Gunsten des Festivalneulings „Colors of Pop“ umsortierte, das Musikfestspiel-Ende herbei.

Bernhard Leonardy will aber auch bei der Landesregierung nichts unversucht lassen. „Bekämen wir 100 000 Euro vom Land für die Organisation, könnten wir damit ein Festival von einer Million Euro machen“, verspricht er. Vor allem möchte er unnötige Konkurrenz vermeiden. Bekanntlich hat ja das Land auch ein Klassik-Festival angestoßen, das, wohl angedockt am Staatstheater, 2018 starten soll. Dessen Konturen aber sind bislang nur schemenhaft. Leonardy hofft zumindest mal auf Abstimmung. Ohnehin sei es merkwürdig, dass das Land da gleichsam als „Festivalmacher“ auftrete.

Ganz gleich aber wie diese Gespräche ausgehen, Bernhard Leonardy zweifelt nicht an der Zukunft seiner Musikfestspiele. Schon für nächstes Jahr plant er – quasi als frühen Prolog – am 11. November 2018 in der Kathedrale von Verdun zum 100. Jahrestag des Endes des Ersten Weltkriegs ein großes deutsch-französisches Konzert. Mit den Requien von Mozart und Fauré. Musik mit enormer Symbolkraft. Die bei den Franzosen auch bereits wirkt: Ein Drittel des kalkuliert knapp sechsstelligen Konzert-Kosten übernehme die Region Grand Est. Diese Zusage hat Leonardy bereits. Nun muss er aber noch diesseits der Grenze überzeugen.

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