Kurzer Blick in die Zukunft

Saarbrücken · Am 16. und 17. November tagt der nationale IT-Gipfel in Saarbrücken. Politiker, Wirtschaftsfachleute und Wissenschaftler werden zum zehnten Mal zwei Tage lang beraten, wie man die Digitalisierung der Gesellschaft in Deutschland gestalten kann. Die Hochschule für Bildende Künste Saar begleitet die Tagung mit einer in sechs Kabinetten unterteilten Ausstellung.

 Eine in der Ausstellung zu sehende Fassadenprojektion von Daniel Belton mit dem Titel „Equilibrist/Seiltänzer" als digitale Annäherung an die raumbezogenen Künste Theater und Tanz.

Eine in der Ausstellung zu sehende Fassadenprojektion von Daniel Belton mit dem Titel „Equilibrist/Seiltänzer" als digitale Annäherung an die raumbezogenen Künste Theater und Tanz.

Foto: Soenke Zehle/HBK

Die Ausstellung in der Galerie der HBK am Saarbrücker Ludwigsplatz untersucht die Rolle des Menschen im Prozess der Digitalisierung. Dies tun die Kuratoren geschickt: Sie fragen nicht vordergründig, sondern stellen dar, welche Möglichkeiten die digitale Gesellschaft bieten könnte und überlassen es dem Besucher, sich eine Meinung zu bilden.

Die Phase des Übergangs von der analogen in die digitale Welt ist in vollen Gange. Kein Lebensbereich ist vor der digitalen Revolution sicher. Neue Technologien vernetzen Menschen, Objekte, Prozesse. Computer und Smartphones sind im Alltag allgegenwärtig. Wir steuern das Licht mit Gesten, lesen auf dem Tablet und während der Kühlschrank selbst Nahrungsmittel nachordert, übermittelt die Smartwatch den Blutdruck der letzten Stunden an den Hausarzt. Wir diskutieren, ob Roboter unsere Alten pflegen sollten und wann auch die letzten Arbeitsplätze am Band durch Maschinen ersetzt werden.

Die Ausstellung geht auf die Suche nach dem Nutzen dieser Entwicklung in Kunst und Gesellschaft und bietet Antworten aus dem Fundus der HBK und ihrem Umfeld. Schon länger begleitet die Kunsthochschule die Digitalisierung unserer Lebenswelt und verknüpft Medien- und Produktdesign mit Informatik und künstlicher Intelligenz. 3D-Drucker kreieren in wenigen Minuten Designlampen aus Ton, die von schicken Smart-Home-Controllern in minimalistischem Design gesteuert werden können. Smartphone-Apps bieten Verbraucherinformationen zum Mitmachen oder lassen uns Stadträume mit dem Smartphone neu entdecken.

Mit "Rotationen" haben die HBK und Hochschule für Musik 2015 außerdem ein Projekt ins Leben gerufen, dass digitale und analoge Welt perfekt verzahnt. Neue Technologien als Kunstform und Erfahrungsraum für den Betrachter lassen uns unsere Umwelt neu erfahren. In der Ausstellung darf man es sich bequem machen und noch mal in den berauschenden Bildern der diesjährigen Installation am Schloss versinken. Es ist die einzige Zeit der Ruhe während des Rundganges, denn vom Besucher wird vor allem Interaktion verlangt. So kann man Frans Masereels Bildwelten im "Stadtbaukasten" interaktiv erleben. Auf einem Spielfeld kann man würfeln. Die Stellung dieser Motivwürfel wird von einer Kamera erfasst und auf eine Leinwand projiziert. Dabei wird eine Bildwelt erschaffen, in der Elemente aus Masereels Werk neu zusammengesetzt werden.

Gleich zwei Kabinette befassen sich mit den Möglichkeiten der Archivierung von Kunst und Information. In den "Comic-Architekturen" zeigen zwei Wände Beispiele für architektonische Visionen in Comics. Über Sensoren kann man die Bildauswahl einer Projektion steuern. Die "Archiv-Passagen" öffnen außerdem das digitale Werkarchiv der Literaten und Übersetzer Claire und Ivan Goll. Das Beispiel zeigt eindrücklich, welche Möglichkeiten digitale Technik bei der Zugänglichkeit und der Inszenierung von Kunst und Kultur bietet und welchen Vorteil intuitive Benutzerschnittstellen bieten.

Natürlich darf in einer Ausstellung zum Aufbruch in die digitale Gesellschaft das Thema "Virtuelle Realität" nicht fehlen und darum verschmelzen auch in der HBK-Galerie reale und virtuelle Welt per VR-Brille zu etwas Neuem. Es dürfte für viele Besucher die erste Erfahrung mit dem neuen Trend werden, der bald in unseren Wohnzimmern Einzug halten wird.

Anders als sonst ist die Ausstellung in der Galerie der Kunsthochschule nicht karg gehalten, sondern in sechs fast schon behagliche Kabinette unterteilt worden. Mit den erklärenden Texten wird das Gesehene auch ohne Studium der Kunstgeschichte verständlich. Ein kurzer, aber spannender Blick in unsere Zukunft.

Bis 17. November. Di bis Fr: 17-20 Uhr, So: 12-18 Uhr.

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