Knallharter Kommerz oder Kuschelecke?

München · Auf der Online-Plattform LovelyBooks versammelt sich die größte deutsche Buchcommunity.

"Also hoffentlich bis bald ... ;-)", schreibt Kate Dakota an ihre Leser. Sie ist Schriftstellerin und verlost auf der Literaturplattform LovelyBooks.de Exemplare ihres neuen Romans "Für dich bis ans Ende der Welt". Die Bedingung: Leser und Leserinnen müssen eine Rezension verfassen und online mit Dakota über den Roman diskutieren.

Sie braucht die Leser von LovelyBooks. Denn die Plattform versammelt die größte deutschsprachige Buchcommunity im Internet. Alleine in den vergangenen drei Jahren ist die Nutzerzahl von 112 000 auf rund 1,5 Millionen gewachsen - Tendenz steigend, wie Pressesprecherin Tina Lurz sagt. Auf LovelyBooks geht es jeden Tag ähnlich zu wie auf einer Buchmesse. Leser tauschen sich untereinander und mit Autoren aus, nehmen an virtuellen Literatursalons oder Leserunden teil.

Für die Verlage ist das Gold wert. Denn wie die Nutzer ihre Lektüren bewerten und welche Bücher sie auf Wunschlisten packen, ist öffentlich. Damit stellen sie den Verlagen umsonst bereit, was diese ansonsten durch Marktforschung herausfinden müssten. Dakotas neuer Roman erscheint nicht etwa in Eigenregie, sondern als E-Book im Ullstein-Verlag. Auch andere große Verlage schicken ihre Autoren zu LovelyBooks.

"Knallharte kommerzielle Interessen" stecken daher für Wolfgang Tischer, Buchhändler und Betreuer der Literaturseite "literaturcafe.de", hinter LovelyBooks. Doch verurteilen möchte er die Plattform dafür nicht: "LovelyBooks hat das Gespräch über Bücher ins Netz gebracht."

Die Autorenlesungen, die die Plattform per Live-Stream überträgt, schauen sich nach Angaben von Lurz bis zu 5000 Menschen an. Das sind Zahlen, von denen Literaturhäuser "nur träumen können", sagt der Verleger Rüdiger Salat. Als ehemaliger Geschäftsführer der Holtzbrinck-Verlagsgruppe war er am Aufbau der Tochterfirma LovelyBooks beteiligt.

Doch die Genres, die auf LovelyBooks besonders beliebt sind - unter anderem Krimis, Liebesgeschichten und Historische Romane - werden von den klassischen Literaturhäusern ohnehin nicht bedient. "Die Diskussion über Bücher ist durch die Plattform öffentlicher und zugänglicher geworden", sagt Tischer.

Frage an eine Literaturveranstalterin der alten Schule: Britta Gansebohm führt seit 1995 einen öffentlichen Literatursalon in Berlin. Was hält sie vom Literaturboom im Internet? "Salons im Internet können nicht sinnlich sein", sagt sie. Für Lesungen schmückt sie ihre Veranstaltungsräume mit Samtvorhängen, Blumen und Kronleuchtern. "In der realen Welt stehst du dem Menschen gegenüber, du kannst ihn riechen, du kannst mit ihm einen Rotwein trinken", sagt sie.

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