Debatte um Ausstellungsvergütungen für bildende Künstler Dabei sein ist nicht alles, soll das aber bleiben
Saarbrücken · Warum bildende Künstler keine Ausstellungsvergütungen erhalten – eine Umfrage unter Ausstellungsmachern in der Region.
Wenn der Saarbrücker Maler Armin Rohr von kommunalen Galerien oder Kunstvereinen im Bundesgebiet eingeladen wird, um dort auszustellen, bietet er meist an, die Laudatio und die musikalische Umrahmung der Vernissage selbst zu übernehmen. Er spiele zwar kein Instrument, aber er könne singen, erklärt Rohr dann den verdutzten Direktoren. Der halb ironische Vorschlag hat einen ernsten Grund: Für Eröffnungsredner und Musiker haben Kunstvereine und andere öffentliche Institutionen in der Regel ein Honorar vorgesehen, nicht aber für den ausstellenden Künstler.
„Immerhin bin ich verantwortlich für Konzeption & Thema der Ausstellung, ich rahme Bilder ein, verpacke sie & transportiere sie an den Ausstellungsort, wo ich dann, je nach Umfang der Ausstellung auch schon mal ein paar Tage mit der Installation der Ausstellung beschäftigt bin“, hat Rohr in seinem Internet-Blog die Leistungen umrissen, die er gratis erbringen soll. Dass man ihn statt im Hotel schon mal im Gästezimmer des Kunstvereinsvorstands einquartiert, sei noch das Geringste. Doch selbst um die Kostenerstattung für den Transport seiner Arbeiten per Mietwagen muss er immer feilschen. Ganz zu schweigen von einer Ausstellungsvergütung, einer Vergütung der Nutzung der Werke durch die Aussteller. „Die gibt es gar nicht oder nur hintenrum“, sagt Rohr. Stattdessen heiße es: „Sie können ja hier die Werke verkaufen.“
Was aber realiter in kleinen kommunalen Galerien selten gelingt, schon gar nicht bei Installationen oder Videokunst, wie sie heute gang und gäbe sind. Seit Jahrzehnten fordern Künstlerverbände angesichts der prekären Lage vieler Künstler, neben einer „Mitwirkungsvergütung“ (für organisatorische Dienstleistung von Künstlern im Rahmen einer Ausstellung wie Aufbau und Transport) auch eine „Ausstellungsvergütung“ gesetzlich festzuschreiben. Mehrere Landesverbände des Bundesverbands Bildender Künstler (BBK), darunter der sächsische, der brandenburgische und der saarländische, haben Leitlinien zur Ausstellungsvergütung herausgegeben, die feste Vergütungssätze empfehlen, deren Höhe sich an der Anzahl der beteiligten Künstler bemisst. Gleich bei drei Saarbrücker Podiumsdiskussionen zeigten sich im Vorjahr Politiker und Ausstellungsmacher wie Cornelieke Lagerwaard, Kuratorin der Landeskunstausstellung SaarArt und Leiterin des Museums St. Wendel, einsichtig, dass Künstler nicht länger alles umsonst machen dürfen, und versprachen, eine Ausstellungsvergütung einzuführen. Was ist aus den Versprechen geworden? Von einer „Ausstellungsvergütung“ in ihrem Haus will Lagerwaard heute nichts mehr wissen. Eine „Vergütung“, sagt sie auf SZ-Nachfrage, könne man nur für eine Dienstleistung bekommen, etwa für Hilfe beim Aufbau oder ein Künstlergespräch, das die Anwesenheit erfordere. Was Künstler inzwischen in ihrem Museum erhalten könnten, sei ein „Honorar“ – sofern sie auf einen Katalog verzichten. Für jede Ausstellung habe sie ein Budget von 500 bis 1500 Euro für die Publikation eines Katalogs im Etat, die Summe könne sich der Künstler dann auszahlen lassen.
Auch das Saarländische Künstlerhaus überlässt Künstlern inzwischen die Wahl zwischen Katalog oder Honorar. Mehr sei leider nicht drin, denn der Etat werde ja nicht größer, argumentiert Vorstandmitglied Andrea Neumann. „Es hat aber nicht dazu geführt, dass die Künstler alle das Honorar vorziehen“, fügt sie hinzu und lässt durchblicken, dass das Künstlerhaus auch ganz froh darum ist. Denn von Katalogen profitiert auch die ausstellende Institution, dokumentieren sie doch ihre Arbeit.
Ziel sei es natürlich, niemanden auszubeuten, sagt Andrea Jahn, Leiterin der Saarbrücker Stadtgalerie. Doch sie bezahlt Künstler nur, „wenn die Ausstellung einschließt, dass sie hier mehrere Tage arbeiten und die Arbeit später abgebaut wird und weiter existiert“. Oder Arbeiten eigens für die Stadtgalerie angefertigt werden. Nicht jedoch, wenn ein Künstler Werke nur „abgibt“, die danach auch anderswo zu sehen sind. Dafür biete man aber auch Gegenleistungen: Marketing und Katalog und ein Forum – gerade für junge, noch unbekannte Künstler. Auch biete man alle Werke zum Verkauf an, das Geld gehe „1:1“ an die Künstler. Von Leitlinien für Ausstellungsvergütung halte sie gar nichts, sagt Jahn; man müsse das individuell entscheiden. Wobei sie einräumt, dass es „natürlich Künstler gibt, die nicht ausstellen, wenn sie ihre Leihgebühr nicht kriegen, das sind die ganz großen Namen, die können sich das leisten“. Auf die müsse man dann verzichten.
„Eigentlich ist es in Museen unserer Größenordnung nicht üblich, dass man mit Künstlern über Honorare für Ausstellungen verhandelt“, sagt Roland Mönig, Direktor des Saarlandmuseums. Wobei er Künstler meint, die international bekannt sind, einen Marktwert haben. Diesen gehe es mehr darum, ein interessantes Projekt zu machen. Natürlich sei es „Ehrenpflicht“, die Künstler von allen Kosten frei zu halten. Meist kaufe man ein Werk an. Anders sieht es in Lothringen aus: Der FRAC Lorraine und das Centre D‘Art Synagoge de Delme zahlen nach eigenen Angaben Künstlern eine Ausstellungsvergütung für das Nutzen und Zeigen urheberrechtlich geschützter Werke. Man sei dazu zwar nicht gesetzlich verpflichtet, doch werde dies vom Pariser Kulturministerium nahegelegt, so eine Delmer Mitarbeiterin.
Auch in Deutschland gibt es erste Fortschritte: 2017 setzte Brandenburg eine Leitlinie zur Vergütung von Künstlern in allen Einrichtungen der Landesverwaltung in Kraft, die jedoch nur brandenburgische Künstler berücksichtigt. In Berlin werden seit 2018 bildende Künstler über einen Fonds für Ausstellungen in kommunalen Galerien vergütet. Im saarländischen Kulturministerium sieht man sich entgegen anderslautender Ankündigungen von Minister Ulrich Commerçon im Vorjahr nun nicht mehr für Ausstellungsvergütungen zuständig: Mit Ausnahme der SaarArt und des Art Walk trete man nicht als Veranstalter von Ausstellungen auf. Bei der SaarArt überlasse man es dem Kurator, „ob eine Vergütung gezahlt wird oder nicht“.