Katastrophenfilm „The Tunnel“ als Streaming-Premiere Viele Tunnel, wenig Sicherheit

Saarbrücken · Der norwegische Film „The Tunnel“ erzählt von einer Katastrophe und erfindet dabei des Genre nicht neu - aber die Produktion ist gut gemacht und gut gespielt.

 Szene aus „The Tunnel“.

Szene aus „The Tunnel“.

Foto: SquareOne

Der Katastrophenfilm hat seine eigenen Gesetze. Der norwegische Film (mit dem anglophon aufgebrezelten deutschen Titel „The Tunnel“ hat nicht vor, sie zu brechen. Da gibt es Familientraumata, die angesichts einer Katastrophe überwunden werden, Helden, die über sich hinauswachsen, Figuren, bei denen man ziemlich sicher weiß, ob sie den Film überleben werden oder nicht. Und doch ist der Film packend.

„In Norwegen gibt es über 1100 Tunnel“, klärt uns ein Text zum Filmbeginn auf, „die meisten von ihnen haben keine Notausgänge oder Noträume. In puncto Sicherheit gilt das Selbstrettungsprinzip. Jeder ist für seine eigene Rettung verantwortlich.“ Bis es dazu kommt, stellt der Film sein Personal vor: Da ist Feuerwehrmann Stein, dessen Frau vor drei Jahren starb. Seine jugendliche Tochter Elise nimmt ihm übel, dass er nun eine Freundin hat; ihr graust es, kurz vor Weihnachten, vor einem Heiligabend zu dritt -  und so nimmt sie den nächsten Bus nach Oslo. Der fährt durch den (fiktiven) Storfjell-Tunnel, in dem ein übermüdeter LKW-Fahrer mit seinem Benzintransporter verunglückt - der Treibstoff explodiert, Rauch verdunkelt den Tunnel, nimmt ebenso die Sicht wie die Atemluft. Stein stapft in den Tunnel und versucht zu retten, was und wer zu retten ist. 

 Thorbjørn Harr als Feuerwehrmann Stein (links) und Mikkel Brat Silset als Ivar.

Thorbjørn Harr als Feuerwehrmann Stein (links) und Mikkel Brat Silset als Ivar.

Foto: SquareOne

Etwas Melodram

Soweit, so schematisch. Doch während „The Tunnel“ mit Überraschungen geizt, erzählt der Film seine Geschichte zügig und mit beeindruckenden Bildern im breiten Kinoformat: weite winterliche Bergpanoramen, vor denen die Menschen (und auch ihre Tunnel) winzig wirken und eine Rauchwalze, die sich durch den Tunnel frisst. Die guten Darsteller lassen manche melodramatischen Drehbuchsätze vergessen – vor allem Thorbjørn Harr als stoischer und passend benannter Retter Stein. Ein wenig sieht er aus wie Kirk Douglas im 1960er Edel-Schinken „Die Wikinger“ und spielte passenderweise ebensolche in den Serien „Vikings“ und „Norsemen“. Ein harter Hund, der sich aber nicht zu ganz so übermenschlichen Leistungen aufschwingt wie in vergleichbaren Hollywoodfilmen – siehe etwa „Daylight“ mit Sylvester Stallone. Das bleibt etwas erdverbundener, während der Heroismus der im Tunnel vom Ersticken Bedrohten nicht endlos ist – da wird sich auch mal um eine Sauerstoff-Flasche gerangelt. Manche, wenn auch nicht alle, sind sich selbst die nächsten.

 Ylva Fuglerud und Thorbjørn Harr als Tochter und Vater.

Ylva Fuglerud und Thorbjørn Harr als Tochter und Vater.

Foto: SquareOne

Kritik an Sicherheitsstandards

Deutlich ist die Kritik des Films von Regisseur Pål Øie  am Sicherheitsstandard des Tunnels und somit wohl an dem des  gesamten Tunnelsystems Norwegens. „Seit 2011 verzeichnete Norwegen acht große Tunnelbrände“, heißt es im Text vor dem Film, „nur dank einer Reihe von Zufällen und des Einsatzes mutiger Helfer ist dabei niemand ums Leben gekommen“. Ein paar wenige Kameras im Tunnel würden im Film einige Leben retten, aber mehr als zwei Exemplare an den Tunnelenden sind nicht vorhanden. So können die Retter nur ahnen, was passiert ist und wo.

Nachdem alles überstanden ist, verbindet der Film die losen Plot-Ende mit einer Montage und  Weihnachts-Gefühligkeit, im Rahmen des Möglichen. Das mag etwas formelhaft und pflichtschuldig wirken, aber den Figuren gönnt man es von Herzen, den Darstellern sei Dank.

„The Tunnel“ (SquareOne Entertainment) ist nur digital, nicht auf DVD oder Bluray zu sehen:  iTunes, Amazon, Sky, Google, Maxdome, Videoload, Videociety, Chilli, On Demand und Vodafone.

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