Junge Wilde und die Altersmilde

Saarbrücken · Gestern ist „The Getaway“ erschienen, das zehnte Studio-Album der Red Hot Chili Peppers. Außerdem gibt es Neues von Musikern, die man vor allem mit den 80ern verbindet: Dexys Midnight Runners und Cindy Lauper.

 Mit Burt-Reynolds-Gedächtnisschnurrbart: Anthony Kiedis von den Red Hot Chili Peppers vor zwei Wochen bei „Rock im Park“ in Nürnberg. Foto: Karmann / dpa

Mit Burt-Reynolds-Gedächtnisschnurrbart: Anthony Kiedis von den Red Hot Chili Peppers vor zwei Wochen bei „Rock im Park“ in Nürnberg. Foto: Karmann / dpa

Foto: Karmann / dpa

Etwas glatter und stromlinienförmiger klängen sie nun - das ist der Konsens der ersten Kritiken zum Album "The Getaway" (Warner) von den Red Hot Chili Peppers. Es stimmt schon, die Wahl eines neuen Produzenten nach vielen Jahren mit Rick Rubin am Mischpult ist spürbar - Brian Burton alias Danger Mouse führt die US-Band zu manchen radiofreundlichen Refrains, musikalische Extreme oder Exzesse bleiben außen vor. Vielleicht schleicht sich eine gewisse Altersmilde bei der Band ein, einst Pioniere und junge Wilde eines krachenden Rock-Funk-Crossovers mit wegweisenden Alben wie "Blood Sugar Sex Magik" (1991) und "Californication" (1999). Beim neuen Album geht es nicht um Neuerfindung, sondern um Verfeinerung des Gekonnten. Auch wenn Überraschungen ausbleiben, gibt es hier einiges zu entdecken: das nervös pulsierende "Goodbye Angels"; die hymnische Ballade "The hunter", deren Rockgitarren am Ende ins Sphärische entschweben; die perlenden Gitarrenläufe und die Harmoniegesänge in "The longest wave"; und den Gitarrendonnerhall von "This Ticonderoga", der musikalisch wohl "schmutzigsten" Nummer dieses guten, wenn auch letztlich nicht überragenden Albums.

Die Red Hot Chili Peppers mag es schon seit über 30 Jahren geben, als "80er-Band" würde man sie dennoch nicht einordnen - ihre Großtaten und die Hits kamen später, zudem hat sich die Band stets weiterentwickelt; bei den Dexys Midnight Runners aus England liegt der Fall anders - es wäre zwar unfair, sie auf den einen großen Hit "Come on Eileen" von 1983 zu reduzieren, auf Mitsing-Refrain und eine Bühnenmontur, die wie aus Jutetaschen zusammengenäht schien. Aber viel Beachtung fand die Band um Sänger/Kopf Kevin Rowland nicht mehr, zerbrach und fand 2012 wieder zusammen. Nun gibt es ein neues Album der Band, die sich mittlerweile nur Dexys nennt und auf "Let the record Show" (Warner) sich vor allem, aber nicht nur, Klassikern aus oder über Irland widmet. Musikalisch geschieht das überraschend konservativ, vieles wäre ideale Begleitmusik für einen Werbefilm des irischen Fremdenverkehrsamts, nicht zuletzt der geigenschmachtende Auftakt "Women of Ireland". Rowlands hohe klare Stimme ist immer noch ungewöhnlich und interessant, begleitet aber wird sie allzu oft von Routine aus dem Irish Pub um die Ecke. Zwei Höhepunkte gibt es dennoch: den lässigen Big-Band-Soulpop von "Grazing in the grass" und "The town I loved so well", im Original von Phil Coulter (1973). In der karg instrumentierten Ballade über die Stadt Derry prallen glückliche Kindheitserinnerungen von einst auf die Realität des Nordirlandkonflikts - herzerweichend.

Cindy Lauper verbindet man ebenfalls mit den 80ern, und auch sie greift auf Klassiker ihrer Heimat zurück. Aber passt ihre Stimme mit dem Hang ins Quäkige, die man seit "Girls just want to have fun" kennt, gut zu Country-Klassikern? Nicht direkt. Aber das Album "Detour" (Warner) bietet immerhin einige interessante Reibungen zwischen den aufwändigen Country-Arrangements und einer Stimme, die sich in den Höhen manchmal abmüht. Aber so wird nicht klar, ob hier eher Hommage, Ironie oder Genre-Anbiederung im Spiel ist.

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