Italien jagt und findet endlich die große Unbekannte

Rom · Die streng gehütete Identität der italienischen Erfolgs-schriftstellerin Elena Ferrante ("Meine geniale Freundin") ist laut einem Zeitungsbericht jetzt angeblich geklärt. Der italienische Enthüllungsjournalist Claudio Gatti schreibt in der Sonntagsbeilage der Wirtschaftszeitung "Il Sole 24 ore", hinter dem Pseudonym verberge sich die Übersetzerin Anita Raja.

Deren Name war bereits früher im Rätselraten um die Identität öfter mal gefallen. Der Artikel erschien am Sonntag zeitgleich auch in der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", der amerikanischen Zeitschrift "The New York Review of Books" und auf der französischen Website Mediapart.

Gatti folgte demnach der "Spur des Geldes". Raja arbeite als freie Übersetzerin für den italienischen Verlag Edizioni e/o, in dem Ferrantes Werke erscheinen. Seit dem Riesenerfolg der englischen Ausgabe der Tetralogie hätten sich die Zahlungen an Raja vervielfacht, was mit der Tätigkeit als Übersetzerin nicht zu erklären sei. Sie habe außerdem teure Wohnungen in Rom gekauft.

Co-Verleger Sandro Ferri verurteilte laut italienischen Zeitungsberichten von gestern die Verletzung der Privatsphäre Rajas, ohne allerdings Gattis These zu bestätigen oder zu dementieren. "Ich finde den Journalismus geschmacklos, der in die Privatsphäre eindringt und die Schriftstellerinnen wie Kriminelle behandelt. Jetzt schaut man sogar in die Konten", zitierte ihn die Zeitung "La Repubblica".

Ferrantes deutscher Verlag Suhrkamp nahm bislang zurückhaltend Stellung. "Da unsere Autorin Elena Ferrante es vorzieht, ihre Anonymität zu wahren, werden auch wir uns zu Fragen, die ihre Identität betreffen, nicht äußern", sagte Sprecherin Tanja Postpischil. Die Neapel-Tetralogie "L'Amica Geniale" ist in Italien zwischen 2011 und 2014 erschienen. In deutscher Übersetzung kam der erste Band dieses Jahr auf den Markt.

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