Initiative „Say yes to Europe“ Sag’ ja zu Europa – gerne auch im Bunker

Berlin · Schon mal im Bunker gewählt? Oder in einem Konzertsaal? Eine Initiative will Wähler zur Europa-Entscheidung mobilisieren. Und öffnet dafür Türen zu sonst verschlossenen Orten.

 Der ehemalige Reichsbahnbunker in Berlin-Mitte – auch dort kann man nun wählen.

Der ehemalige Reichsbahnbunker in Berlin-Mitte – auch dort kann man nun wählen.

Foto: dpa/Sven Braun

Für eine besondere Form der Wahl zum EU-Parlament öffnen sich an vielen Orten in Deutschland sonst mitunter streng verschlossene Türen. Wer der Wahlkabine in tristen Schulgebäuden oder Behördenzimmern entgehen will, kann etwa in die Berliner Sammlung Boros mit ihrem riesigen Weltkriegsbunker voll zeitgenössischer Kunst ausweichen. Wähler können mit ihren Briefwahlunterlagen in dem Betonkoloss zwischen Werken der aktuellen Ausstellung etwa von Guan Xiao, Daniel Josefsohn, Michel Majerus oder Pamela Rosenkranz ihr Kreuz machen.

Die Sammlung des Düsseldorfer Medien-Unternehmers Christian Boros beteiligt sich damit an der Aktion #SayYesToEurope. Die Initiative will zur EU-Wahl mobilisieren. „Seit Jahren nimmt mehr als die Hälfte der Deutschen ihr Wahlrecht bei den Wahlen zum Europäischen Parlament gar nicht erst wahr. Das ist eine Gefahr für Europa und für die Demokratie“, heißt es zur Begründung.

Nach Anmeldung auf der Homepage der Initiative können Wähler zuvor neben dem Boros-Bunker (13.5.) ihre Entscheidung etwa in der Hamburger Elbphilharmonie (20.5.), der Kabine von Borussia Dortmund (19.5.), in der Hamburger Kiez-Bar „Ritze“ (14.5.), dem „Stern“-Newsroom (17./18.5.) oder auch in einer Halle mit Flugsimulatoren von Lufthansa (15.5.) treffen. Anschließend muss der Wahlbrief wie üblich in die Post oder zu den Wahlämtern.

Für die Sammlung Boros zeigt ihr Wahlort, ein Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg, die Zerbrechlichkeit von Demokratie. „Der Bunker ist als ehemaliger Luftschutzraum ein Ort, an dem sich historischer Wandel nachvollziehen lässt. Historischer Wandel bedeutet hier auch politischer Wandel“, heißt es. Gebaut wurde der Berliner Koloss von den Nazis, in der DDR war der Bau ein Früchtelager, nach dem Mauerfall einer der angesagten Techno-Tempel. Boros erschloss den Bunker dann für seine Kunstsammlung. „Der Wandel des Ortes zeigt, dass politische Systeme fragil sind. Wir glauben an eine Politik der europäischen Gemeinschaft“, heißt es dazu bei der Sammlung. „Diese gilt es zu stärken.“

Mit der Initiative will auch Boros „ein Zeichen für Europa setzen, wir wünschen uns, dass möglichst viele Menschen pro-europäische Parteien wählen“. Die Verantwortlichen im Bunker sehen zeitgenössische Kunst und internationale Gedanken verbunden. In der aktuellen Präsentation etwa seien Künstler aus Estland, China, der Schweiz, England, Südamerika, Belgien und den USA vertreten. „Akteure und Institutionen der zeitgenössischen Kunst agieren auf europäischer und auf globaler Ebene.“ Zudem kämen zwei Drittel der Besucher aus dem Ausland. „Das Rekurrieren auf rein nationale Interessen, Identitäten oder Inhalte beschränkt das Wesen der Kunst, das nach Freiheit strebt.“

Bei der Berliner Landeswahlleitung gibt es keine grundsätzlichen Bedenken gegen eine solche Aktion. „Wir finden es natürlich besser, wenn im Wahllokal gewählt wird oder mit den Briefwahlunterlagen bei uns“, sagte ein Sprecher. Da es aber im Umkreis der Orte keine Wahlwerbung gebe, sei die Aktion „politisch unverfänglich“.
www.sayyes2europe.eu

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