Mannheimer Ausstellung In 80 Bildern um die Welt

Mannheim · Ein Ausstellung in Mannheim führt zurück in eine Zeit vor dem Massen-Tourismus. Die betuchten Weltreisenden ließen sogar für sich fotografieren – von Profis, was den Bildern gut tat.

 An der Pyramidenstraße von Gizeh, aufgenommen von Pascal Sébah, um das Jahr 1875.

An der Pyramidenstraße von Gizeh, aufgenommen von Pascal Sébah, um das Jahr 1875.

Foto: rem, Forum Internationale Photographie/Pascal Sébah

Ob Cheops-Pyramide in Ägypten, das Kolosseum in Rom oder der Ölberg in Jerusalem: Mit Beginn der ersten touristischen Reisen im 19. Jahrhundert wurde auch fotografiert. An ferne Sehnsuchtsorte will nun die Ausstellung „In 80 Bildern um die Welt“ mit Reisefotografien entführen; im Reiss-Engelhorn-Museum Mannheim sind bis zum 10. Januar Aufnahmen aus dem 19. und 20. Jahrhundert in Schwarz-Weiß und Farbe zu sehen – Bild-Ikonen legendärer Reporter des Magazins „Stern“ etwa, aber auch Aufnahmen von Vertretern der klassischen Moderne wie Henri Cartier-Bresson, Helmut Gernsheim und Robert Häusser.

Die Idee für die Ausstellung sei während des Corona-Lockdowns entstanden, sagt Kurator Claude W. Sui. Konfrontiert mit der eigenen Immobilität bekämen die Reisefotografien der Sammlung eine unglaubliche Aktualität. Genau 80 Fotografien werden präsentiert, ergänzt durch Kameras und andere Objekte. Gezeigt wird zudem ein ledergebundenes Fotoalbum mit Albumin-Fotografien von Georgio Sommer (1834-1914), einem Deutschen, der in Italien arbeitete.

Im 19. Jahrhundert wurde nicht nur die Fotografie erfunden, sondern es wurden auch die ersten touristischen Reisen angeboten. Damals fotografierten die gut betuchten Reisenden noch nicht selbst, sondern nahmen vor Ort die Dienste von Ateliers in Anspruch, etwa von Pascal Sébah in Ägypten, Georgio Sommer in Italien oder Tamamura Kozaburo in Japan. Die frühen Touristen wurden etwa auf die Cheops-Pyramide hinaufgeführt und fotografiert, was heute längst verboten ist.

Die Werke der Ausstellung, von denen einige erstmals zu sehen sind, stammen aus den Sammlungen des Mannheimer Forums Internationale Photographie. Es beherbergt das Robert-Häusser-Archiv, die Sammlung Helmut Gernsheim und rund 4000 Albumin-Abzüge, die die Mannheimer Unternehmerfamilie Wilhelm, Carl und Anna Reiss von ihren Reisen mitbrachte. Präsentiert wird etwa ein ungewöhnliches dreiteiliges Panorama vom Ölberg in Jerusalem, das um 1875 entstanden ist und sich durch seine durchgängige Detailschärfe auszeichnet.

Diesen frühen Aufnahmen stehen in der Ausstellung die Werke bedeutender Fotografen des 20. Jahrhunderts gegenüber. Auf ihren Reisen besuchte Fee Schlapper (1927-2000) ferne Länder. Dort dokumentierte sie den Alltag der Menschen, etwa verschleierte Frauen mit Wasserkrügen in Ägypten. Robert Häusser (1924-2013) gilt als Wegbereiter der zeitgenössischen Fotografie. Sein „Strandhotel“ von 1959 wirkt surreal und ist menschenleer – als ob es erst während der Corona-Pandemie fotografiert wurde.

Eine ganz besondere Aktualität erhält die Ausstellung durch Fotos, die Kurator Sui kurzfristig nach der Explosionskatastrophe im Hafen von Beirut ausgesucht hat. Gezeigt wird eine historische Aufnahme „Beirut, Blick auf Stadt und Hafen“ von 1875. Dank der Fotografie könne die Geschichte einer Stadt als Zeugnis der Vergangenheit dokumentiert und zum Teil wieder rekonstruiert werden, sagte Sui. Daneben stellte er das Bild eines unbekannten Fotografen. Es zeigt Zedern im Libanon, als „Sinnbild des Friedens und des Unvergänglichen“.

 Ein ruhender Reiter in Kamerun, aufgenommen 1964.

Ein ruhender Reiter in Kamerun, aufgenommen 1964.

Foto: Jürgen Heinemann

Bis 10. Januar. Geöffnet Dienstag bis Sonntag, 11 bis 18 Uhr. Informationen:
www.rem-mannheim.de

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