Literatur „Ich mag manche Kinder überhaupt nicht“

Wien · Die Schriftstellerin Christine Nöstlinger ist mit 81 Jahren gestorben. Viele Kinder sind mit ihrem „Gurkenkönig“, „dem Franz“ und „Maikäfer, flieg!“ aufgewachsen. 

     Die Schriftstellerin Christine Nöstlinger, die nicht alle Kinder mochte.

Die Schriftstellerin Christine Nöstlinger, die nicht alle Kinder mochte.

Foto: dpa/Georg Hochmuth

Viele Kinder sind in den 70er und 80er Jahren mit Christine Nöstlingers Büchern aufgewachsen. Darunter sind Klassiker wie „Maikäfer, flieg!“, „Die feuerrote Friederike“, „Wir pfeifen auf den Gurkenkönig“, „Konrad oder das Kind aus der Konservenbüchse“. Unvergessen sind der Franz aus den Erstlesebüchern oder das pummelige Gretchen Sackmeier. Nach kurzer Krankheit ist Nöstlinger im Alter von 81 Jahren am 28. Juni gestorben, wie der Residenz-Verlag jetzt mitteilte. Auf ihren Wunsch hin durfte die Familie erst nach der Beerdigung die Öffentlichkeit informieren.

Die Österreicherin wird in einem Atemzug mit Astrid Lindgren genannt, mit der sie befreundet war. Beide haben in ihren Büchern eines gemeinsam: Sie nehmen Kinder ernst und haben viel Humor. Die Trümmerjahre nach dem Zweiten Weltkrieg haben Nöstlinger geprägt. „Ich kann nur sagen, dass ich in meiner Kindheit so heftige Glücksgefühle hatte wie später nie mehr. Und ebenso gewaltige Unglücksgefühle wie später nie mehr.“ Sie hat das auch zum Thema einiger Bücher gemacht. In „Maikäfer, flieg!“ (1973) schilderte sie die entbehrungsreiche Zeit aus der Sicht der Kinder.

Nöstlinger setzte sich auf humorvolle Weise mit Problemthemen auseinander. Sie schilderte Milieus realistisch, übte Sozialkritik und schrieb manchmal auch im Dialekt. Sie wuchs im Arbeitermilieu der Wiener Vorstadt auf. Nach dem Abitur studierte sie Gebrauchsgrafik an der Akademie für angewandte Kunst in Wien. Als Mutter zweier Kinder begann sie, für Tageszeitungen und Magazine zu arbeiten. 1970 schrieb und zeichnete sie „Die feuerrote Friederike“, die auf Anhieb ein Erfolg wurde.

Im Laufe ihrer Karriere hat sie rund 150 Bücher geschrieben, ihr Werk wurde in 30 Sprachen übersetzt. Zu ihren zahlreichen Auszeichnungen zählen der Hans-Christian-Andersen-Preis und der Astrid-Lindgren-Preis. Ihre Kinderbücher waren von einem anti-autoritären Erziehungsstil geprägt. Wichtig war ihr immer der Kampf gegen Ungerechtigkeit und Unterdrückung. Allerdings schränkte sie ein: „Ich bin keine Erzieherin.“ Ihr Verhältnis zu Kindern war gespalten. „Ich mag manche Kinder überhaupt nicht – und vielleicht eigne ich mich deshalb besonders zum Kinderbücher-Schreiben. Es gibt unsympathische, grauslige Kinder“, sagte sie einmal.

Mit dem Leben der Kinder des 21. Jahrhunderts konnte sie nicht viel anfangen. „Ich weiß überhaupt nicht, wie einem Kind zumute ist, dessen Leben sich zwischen Smartphonewischerei und Computerspielen abspielt.“

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