Hollywoods letzter harter Hund

Los Angeles · Schwierige, oft zwielichtige Helden waren sein Metier, Figuren, in denen es brodelte. Kirk Douglas, der als Schauspieler und Produzent immer um seine Unabhängigkeit kämpfte, wird heute 100 Jahre alt. Wir gratulieren.

 1951 in Billy Wilders „Reporter des Satans“. Foto: Paramount

1951 in Billy Wilders „Reporter des Satans“. Foto: Paramount

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Ein Grübchen wie in Stein gemeißelt. Ein immer etwas verkniffenes Gesicht, der Blick durchdringend, manchmal bedrohlich - nein, den Charme von Cary Grant hatte er nie. Auch nicht die artistische Grazie seines Kollegen/Freundes/Konkurrenten Burt Lancaster. Bei Kirk Douglas war alles etwas rauer und härter - unter den Hollywood-Stars seiner Zeit war er der Malocher, der sich hineinarbeitete in seine Rollen, sie mit Leben füllte und mit einer interessanten Uneindeutigkeit: Strahlende Helden waren seine Figuren so gut wie nie, meist brodelte es in ihnen, Zorn, Trauer, manchmal blinder Ehrgeiz fraßen an ihnen: ob er nun in "Die Wikinger" das Schwert gegen Tony Curtis schwang, in "Spartacus" gegen das römische Imperium antrat oder in "Reporter des Satans" als Klatschjournalist seinen Aufstieg über alles stellte. Selbst Douglas' klassischen Heldenfiguren, etwa dem Matrosen Ned Land im Disney-Familienfilm "20 000 Meilen unter dem Meer", traute man nicht vollends über den Weg - da war immer eine gewisse Härte spürbar.

Das nun mit einer harten Jugend zu erklären, könnte ebenso Küchenpsychologie sein wie zutreffend. Jedenfalls musste sich Douglas aus kleinsten Verhältnissen hochkämpfen. Im Armenviertel der US-Industriestadt Amsterdam wuchs Issur Danielovitch Demsky auf, Sohn eingewanderter weißrussischer Juden, Bruder von sechs Schwestern, Sohn eines lieblosen Vaters. "Zorn ist meine Energiequelle", sagte Douglas einmal. Die Schauspielschule finanzierte er sich mit allerlei Jobs, auch als Ringer beim Jahrmarkt. Durch die Empfehlung einer Freundin aus der Schauspielschule - Lauren Bacall - erhielt er die Chance beim Film. Er nutzte sie mit intensiven Darstellungen oft finsterer Figuren: eine seltene Verbindung von "leading man" und Charakterdarsteller.

Der Ruhm war für Douglas nicht zuletzt die Chance auf das, was ihn immer antrieb: Unabhängigkeit. 1955 gründete er als einer der ersten Hollywoodstars, dem Beispiel Burt Lancasters folgend, eine eigene Produktionsgesellschaft ("Bryna", benannt nach seiner Mutter). 19 Filme brachte Douglas auf den Weg, darunter den furiosen Antikriegsfilm "Wege zum Ruhm", für den er Stanley Kubrick engagierte - auch für "Spartacus". Danach allerdings schwor Kubrick, nie wieder einen Film im Rahmen des Hollywood-Systems (oder mit Douglas) zu drehen.

Douglas konnte auch ein harter Hund sein, der sich einmischte, stritt und sich mit der Kino-Industrie anlegte: Als der politisch linke Drehbuchautor Dalton Trumbo in der Zeit des Antikommunismus-Wahns nicht beschäftigt wurde, engagierte ihn Douglas für "Spartacus" und setzte dieser "schwarzen Liste" ein Ende.

Die 70er Jahre meinten es nicht mehr ganz so gut mit Douglas - während Kollege Lancaster im europäischen Kino bei Bertolucci und Visconti Unterschlupf fand, blieben bei Douglas die großen Altersrollen aus. Für einen Part, den er immer hatte spielen wollen, war er irgendwann zu alt - die des rebellischen Kranken in "Einer flog übers Kuckucksnest": 1975 produzierte sein Sohn Michael, später selbst ein großer Star, den Film mit Jack Nichsolson. Mit Burt Lancaster zusammen gelang Douglas 1986 noch einmal ein großer Erfolg: "Archie und Harry", ein nostalgischer Senioren-Gangster-Jux, der siebte und letzte Film mit Lancaster, der 1994 starb.

Douglas hat einen Schlaganfall und einen Hubschrauberabsturz überlebt, 2004 starb sein jüngster Sohn an Drogen. Einen Großteil seines Vermögens von 80 Millionen Dollar hat er mittlerweile gespendet, seit einigen Jahren lebt er zurückgezogen. Aber er mischt sich immer noch gerne ein, liberal und kämpferisch. In einem Artikel für die "Huffington Post" kritisierte er im September Donald Trumps Wahlkampf. Er sei immer stolz darauf gewesen, Amerikaner zu sein. "In der Zeit, die mir noch bleibt, werde ich dafür beten, dass sich das nicht ändert."

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 1958 und nur mit einem Auge in „Die Wikinger“. Foto: Degeto

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 1957 in Stanley Kubricks „Wege zum Ruhm“. Foto: Bunk

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 1980 im Zeitreisefilm „Der letzte Countdown“. Foto: ARD

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 Kirk Douglas heute, vor seinem 100. Geburtstag. Foto: dpa

Kirk Douglas heute, vor seinem 100. Geburtstag. Foto: dpa

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Auf einen Blick Im Fernsehen sind einige Filme des Jubilars zu sehen: Der melancholische Western "Snowy River" (1982) läuft heute ab 12.30 Uhr im MDR; "Zwei rechnen ab" mit Douglas und Burt Lancaster ist heute ab 22.35 bei 3sat zu sehen. "Spartacus" läuft in der Nacht auf Sonntag ab 1.30 Uhr im ZDF, "Der letzte Countdown" beginnt zehn Minuten später in der ARD (und ist der schlechtere Film). Am Sonntag starten "Die Fahrten des Odysseus" um 11.05 Uhr im MDR. red

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