Kino „Heute muss man nicht mehr träumen, nur noch hinsehen.“

Saarbrücken · Mit seiner Verfilmung des 60er-Jahre-Comics „Valerian“ erfüllt sich der französische Regisseur einen alten Kindheitstraum.

 Cara Delevingne in der Rolle der an der Seite Valerians durchs All reisenden Laureline begrüßt die Außerirdischen

Cara Delevingne in der Rolle der an der Seite Valerians durchs All reisenden Laureline begrüßt die Außerirdischen

Foto: dpa/Vikram Gounassegarin

Luc Besson (57) gehört zu den wenigen europäischen Filmemachern, die es immer wieder mit Hollywood aufnehmen, von „Nikita“ bis „Arthur und die Minimoys“. Nun begibt er sich mit „Valerian – Stadt der tausend Planeten“ aufs Terrain der Comic-Verfilmungen.

Haben Sie sich mit „Valerian“ auch einen Kindheitstraum erfüllt?

BESSON Mein Vater brachte mir, als ich zehn war, das Comic-Heft „Pilot“ mit: Da waren jede Woche zwei „Valerian“-Seiten drin. Diese wunderschön kolorierten Seiten waren für mich die einzige Fluchtmöglichkeit aus der Realität. Ich habe geträumt, dass ich mit Laureline durchs All reise. Sie war meine erste Liebe. Valerian und Laureline sind wie Starsky & Hutch im Weltraum. Zwei Cops, die durch Zeit und Raum reisen.

Die Comics von Jean-Claude Mézières & Pierre Christin sollen schon George Lucas zu „Star Wars“ inspiriert haben. In Ihrem Streifen „Das fünfte Element“ haben Sie 1997 auch Motive davon verarbeitet.

BESSON Beim Dreh fragte mich Mézières damals: Warum machst du diesen blöden Film? Mach doch lieber „Valerian“. Aber beim damaligem Stand der Technik war es unmöglich, diese Welten auf die Leinwand zu bringen. Als zehn Jahre später „Avatar“ in die Kinos kam, habe ich die Filmrechte optioniert und mich an die Arbeit gemacht.

Viele Comics, die heute ins Kino kommen, haben ihren Ursprung in den 60ern und 70ern. Auch „Valerian“. War das eine besonders kreative Periode in der Comic-Kultur?

BESSON Auch in der Literatur war man in dieser Zeit sehr innovativ. Vielleicht, weil man damals seine Vorstellungskraft mehr nutzen musste. Wenn ich als 12-Jähriger mein Fenster öffnete, standen da ein paar Kühe, und das war’s. Heute muss man nicht mehr träumen. Man muss nur noch hinsehen.

Anders als zahlreiche Superhelden aus US-Comic-Verfilmungen haben Laureline und Valerian keinerlei übernatürliche Fähigkeiten . . .

BESSON Genau das mochte ich an den beiden immer. Sie sind sehr menschliche Helden. Wenn sie das Raumschiff lenken, streiten sie sich wie ein Ehepaar auf Familienurlaub. Ich mag keine Superhelden.

Gibt es einen kulturellen Unterschied zwischen amerikanischen und europäischen Comic-Figuren?

BESSON Schwer zu sagen. Nehmen wir Van Gogh. Er stammt aus Holland. Die Blumen, die er gemalt hat, sind aus Frankreich, das Bild hängt heute in einem Museum in New York und wird gerade von einem Koreaner angeschaut. Im Grunde ist es völlig egal, woher das Bild kommt. Es ist einfach großartig.

Im Film leben auf dem Planeten „Alpha“ die verschiedensten Alien-Kulturen und haben ihr gesamtes Wissen in riesigen digitalen Bibliotheken zusammengelegt. Ist das Ihre positive Zukunftsutopie?

BESSON Es ist eigentlich keine Utopie, sondern spiegelt wider, was wir versuchen zu sein. Heute kann man in Berlin sitzen und zu Bob-Marley-Musik Sushi essen. Das ist vollkommen normal. Der Planet „Alpha“ ist vieles in einem: eine Stadt der Wissenschaft, Wall Street, Pigalle und ein riesiges Museum intergalaktischer Weltgeschichte. Mehr als 8000 verschiedene Alien-Arten versuchen hier in Frieden zu leben. Mir gefällt der Gedanke, dass wenn man aus diesem Film kommt und all die verschiedenen Spezies gesehen hat, die Unterschiede zwischen uns relativ marginal erscheinen.

Haben Sie das Gefühl, die Zukunft mitzugestalten?

BESSON In Zeiten, in denen man Politikern nicht mehr glauben kann und Sportler ihre Erfolge mit Doping ergaunern, wenden sich die Menschen immer mehr Künstlern zu, weil sie die einzigen sind, die die Wahrheit sagen.

Wer hat Sie am meisten gelehrt?

BESSON Von meiner Mutter. Sie hat mir alles beigebracht, worauf es im Leben ankommt. Und von Delphinen. Die machen nur drei Dinge am Tag. Sie essen, spielen und lieben sich. Ich habe versucht, diese Philosophie in mein Leben zu integrieren, aber das ist heute sehr schwer.

 Luc Besson las sein erstes „Valerian“-Comic mit zehn.

Luc Besson las sein erstes „Valerian“-Comic mit zehn.

Foto: dpa/Ian Langsdon

„Valerian – Stadt der tausend Planeten“ läuft ab Donnerstag in vielen Kinos der Region.

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