Haydns Leiden und Händels Lamento

Ein meisterliches Homburger Meisterkonzert mit dem jungen Oboisten Andrey Godik.

Homburg Star-Oboist Albrecht Mayer hatte wegen Krankheit seinen Auftritt am Donnerstag bei den Homburger Meisterkonzerten abgesagt - aber gleich einen Kollegen als Ersatz empfohlen: den in Moskau geborenen, 28-jährigen Andrey Godik, der in der kommenden Saison Solo-Oboist der Bamberger Sinfoniker wird.

Ein zuverlässiger, mit allen Stilrichtungen vertrauter Partner war das Südwestdeutsche Kammerorchester Pforzheim, dirigiert von Markus Korselt, der auch die Meisterkonzerte programmlich verantwortet. Mit Mozarts Oboen-Konzert KV 314 zeigte Godik im Homburger Saalbau all seine Qualitäten: weichen, homogenen Registerwechsel, fein dosiertes Vibrato, schlanke, bewegliche Tongebung und makellose Geläufigkeit. Bedächtig ging er die schnellen Ecksätze an, verzichtete auf virtuose Hast und ließ erfrischend entspannt Laufwerk und Figuren perlen. Betörender kann man das Andante kaum singen.

Auch Domenico Cimarosas c-moll-Konzert, aus Klaviersonaten zusammengestellt, ging ihm locker von der Hand und ließ nichts vermissen, was man von diesem Oboen-Hit erwarten kann.

Eingerahmt wurden die Solo-Stücke von Orchesterwerken. Zu Beginn eine c-moll-Sinfonie des "Odenwälder Mozart" Joseph Martin Kraus, der es zum Kapellmeister am schwedischen Hof gebracht hatte. "Sturm und Drang" war angesagt, dynamische Kontraste, Temperament. Korselt inspirierte die Streicher zu kraftvoller Tongebung, ließ aber den Hörnern mitunter dynamisch zu viel freien Lauf. Joseph Haydn lobte Kraus als "Genie" und hat doch selbst Sinfonisch-Geniales geschaffen - etwa seine abschließende f-moll-Sinfonie, "La Passione" genannt. Die düstere, leidende Grundstimmung mag auf einen Tiefpunkt im Leben Haydns hinweisen. Das Orchester bewältigte die Partitur kontrastreich und rhythmisch sicher. Zur Zugabe vereinte es sich nochmals mit dem Solisten zu Händels berühmtem Lamento aus "Rinaldo": "Lascia ch'io pianga". Einfach schön.

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