Harald Schmidt „Wo ich bin, ist Hochkultur“

Stuttgart · Harald Schmidt gibt mit 61 Jahren sein Debüt an der Stuttgarter Oper. Als Late-Night-Talker wird man ihn nie wieder erleben, sagt er.

 Harald Schmidt, am Sonntag in der Oper Stuttgart.

Harald Schmidt, am Sonntag in der Oper Stuttgart.

Foto: dpa/Bernd Weissbrod

Im Fernsehen feierte Harald Schmidt seine größten Erfolge – fünf Jahre nach dem unfreiwilligen Aus als Late-Night-Talker trauert er der eigenen Show im Fernsehen aber nicht nach. „Es langweilt mich, und das Fernsehen ist für mich ein Medium der Vergangenheit“, betont Schmidt im Gespräch.

Er kehrt nun  zurück zu den Ursprüngen seiner Karriere: den Staatstheatern Stuttgart. Zum ersten Mal wird er dort auf der Opernbühne zu sehen sein. In „Ariadne auf Naxos“ von Richard Strauss mimt er den Haushofmeister – eine Sprechrolle, die ihm nach eigener Einschätzung wenig Schauspielkunst abverlangt. „Ich komme sozusagen als Harald Schmidt auf die Bühne.“ Er verkörpere einen snobistischen Manager – „das deckt sich relativ – glaube ich – mit dem Image, das viele von mir haben“, erklärt er vor seinem Auftritt am Sonntag.

Schmidt hat sich während seiner  langen TV-Karriere Legendenstatus erarbeitet. Nachdem er unter anderem „Schmidteinander“ mit Herbert Feuerstein und „Verstehen Sie Spaß?“ moderiert hatte, startete 1995 „Die Harald-Schmidt Show“, und der Gastgeber avancierte zum prominentesten zynischen Kommentator des Landes – bis zum Ende der Sendung am 13. März 2014.

„Fernsehen ist für mich uninteressant. Mir ist Fernsehen mittlerweile zu langsam“, sagt Schmidt nun. „Ich habe überhaupt nicht mehr das Bewusstsein, irgendetwas übers Fernsehen transportieren zu müssen. Heute ist ja jeder sein eigener Sender: Mit einem Handy sind Sie weltweit – wenn Sie die entsprechenden Netzwerke belegen wollen – rund um die Uhr auf Sendung.“ Schmidt teilt sich über eine Videokolumne bei „Spiegel Online“ mit, mitunter direkt aus dem Hotelzimmer. „Das ist eigentlich für mich das perfekte Format, weil ich sozusagen keinerlei Abstimmung mit irgendjemand habe. Keine Redaktionssitzung. Kein Chef. Kein Redakteur, der morgens um 11 Uhr noch nicht weiß, was die Schlagzeilen sind.“

Für seinen „Ein-Mann-Sender“ könne er zur Zeit aus dem Vollen schöpfen, so der Entertainer. Das vieldiskutierte CDU-Video des YouTubers Rezo habe er in seiner Kolumne direkt verheizt: „Der Neuigkeitswert ist ungefähr der von einer durchschnittlichen Lokalzeitung vor einem dreiviertel Jahr.“ Schmidt versteht sich als Materialsammler, der ständig auf Empfang ist. „Man ist schon immer auch ganz froh, wenn man mal so Andrea Nahles oder so weglassen kann.“ Das sei zu berechenbar.

Deshalb nutzt Schmidt gerne die Dreharbeiten für „Das Traumschiff“ – im Gespräch mit Passagieren erfahre er „sehr, sehr gute Geschichten“. Neben Kreuzfahrtdirektor Oskar Schifferle gab Schmidt auch schon einen Lord in einer Rosamunde-Pilcher-Verfilmung, nun folgt für vier Aufführungen der Abstecher nach Stuttgart für die Opern-Inszenierung von Jossi Wieler und Sergio Morabito aus dem Jahr 2013. „Das ist für mich derselbe Job. Das ist einfach ein unterschiedliches Genre.“ Zwischen einer höheren und einer flachen Kultur möchte der ausgebildete Schauspieler ohnehin nicht unterscheiden: „Wo ich bin, ist Hochkultur. Verstehen Sie. Ich bin sozusagen Bayreuth auf zwei Beinen.“

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