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Saarbrücken · Morgen erscheint das erste neue Album von Robbie Williams seit drei Jahren – in der Popmusik eine kleine Ewigkeit. Ist der alte Zauber noch da – und der Pop-Thron noch frei?

 Die Schläfen grau, bunt das Hemd: Robbie Williams. Foto: Sony

Die Schläfen grau, bunt das Hemd: Robbie Williams. Foto: Sony

Foto: Sony

Älterwerden in der Rockmusik ist keine so schlimme Angelegenheit: Graue Haare und tiefe Falten tragen oft noch zu dem Popanz namens "Authentizität" bei. Und einen Literaturnobelpreis kann man ja auch noch bekommen. Altern im Pop ist da schon schwieriger - ist dies doch eher ein Metier für die Jugend, etwas bunter, etwas spaßiger. Insofern ist das neue Album von Robbie Williams nicht einfach nur ein neues Album des vielleicht letzten großen, Generationen verbindenden Popstars.

Denn mittlerweile ist Williams auch schon 42 Jahre alt und könnte rein rechnerisch der Vater von Justin Bieber sein. "The Heavy Entertainment Show" ist das erste Album seit drei Jahren - ein Zeitraum, in dem man schon mal von dem einen oder anderen alten Fan vergessen werden kann. Zudem ist es die erste Veröffentlichung bei seiner neuen Plattenfirma, die sich einiges verspricht - vielleicht sogar das, was dem Mann aus dem grauen englischen Stoke-On-Trent überraschenderweise nie gelungen ist: der Durchbruch im US-Markt. Die erste Single aus dem Album, das ironische, choral aufgedonnerte und Putin veralbernde "Party like a Russian" verkümmerte in England aber überraschend als Flop.

Dieses Schicksal wird das Album nicht heimsuchen, denn es bietet Williamssche Kernkompetenz: Uptempo-Rocker und Balladenschmelz in ausgewogenem Verhältnis. Die Electro-Experimente, die sein Album "Rudebox" 2006 zu einem relativen Flop werden ließen, bleiben außen vor. Allerdings finden sich hier auch keine vollendeten Pop-Perlen wie sein unsterbliches Schmachtwerk "Angels", das ihn 1997, so lange ist das schon her, vom geschassten Teenieband-Ex-Mitglied zum Solostar machte; vieles geht schnell ins Ohr, verlässt es aber auch wieder zügig. Balladen wie "David's song" etwa funktionieren wohl beim Konzert, illuminiert von Feuerzeugen (oder Handys); solo auf CD ist das eher musikalisches Wassertreten. Aber wenn Williams, der hier wieder mit seinem früheren Stamm-Autor Guy Chambers zusammengearbeitet hat, ein wenig den Pfad des Erwartbaren verlässt, hat das Album gloriose Momente: das Titelstück etwa, eine Art Big-Band-Rocknummer, bei der Williams, das ironische Großmaul, sein eigenes Charisma besingt. "Sensational" tutet buchstäblich ins gleiche Horn - eine bläsergestützte, druckvolle Nummer, die auch gut zum walisischen Donnerorgan Tom Jones passte; das macht auch überflüssige Nummern wie die Soul-Rock-Pomposität "Pretty Woman" vergessen. "Sensitive" dagegen ist eine knackige Tanznummer mit knochentrockenem Rhythmus und Anlehnung an Marvin Gayes "Sexual hea-ling".

Höhepunkt ist Williams' Zusammenarbeit mit Rufus Wainwright: "Hotel Crazy" - ein songgewordenes, lässiges Dahinschlurfen mit Bläsern, piepsender Elektronik und rätselhaftem Text. Mehr solche schrägere Nummern wären willkommen gewesen, aber auch so bleibt es ein solides Album mit guten Momenten. Schön, dass er wieder da ist.

Robbie Williams: The Heavy Entertainment Show (Sony).

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