Für mich soll's Tote Hosen regnen

Saarbrücken · Kann man Roy Black und die Einstürzenden Einbauten, Udo Jürgens und die Ärzte auf einem Album sinnvoll gemeinsam unterbringen? Heinz Rudolf Kunze versucht es mit dem Cover-Album „Meisterwerke: Verbeugungen“.

 Heinz Rudolf Kunze, der große Zeiger. Foto: Jim Rakete

Heinz Rudolf Kunze, der große Zeiger. Foto: Jim Rakete

Foto: Jim Rakete

Nun, man muss sich erstmal trauen, ein Album mit Roy Blacks "Ganz in Weiß" zu eröffnen, einem Opus magnum deutscher Gefühlsseligkeit (um nicht zu sagen: Schnulzenkunst). Das parodistisch anzugehen, wäre so billig wie überflüssig. Heinz Rudolf Kunze nähert sich dem 50 Jahre alten Schmuseschunkler gesanglich mit großer Unschuld, man glaubt ihm, dass er an das Stück glaubt - auch wenn der am Ende einsetzende Chor doch ein wenig Ironie anklingen lässt.

Dieser Auftakt ist einer der schönen Momente des Albums "Meisterwerke: Verbeugungen", auf dem Kunze 14 Kompositionen von Kollegen aufgenommen hat. Ein solches Cover-Album kann man ja immer auch ein wenig zynisch betrachten: als Versuch, sich beim Publikum der Kollegen anzudienen oder auch bei Radio-Entscheidern, die vielleicht lieber ein Stück programmieren, das sie aus der Vergangenheit noch kennen als eine Neukomposition. Kunzes Album ist ein Kessel Buntes, in dem manches ans Herz geht, manches an die Nerven. Nicht zuletzt "Junge, komm bald wieder", bei Freddy Quinn eine Pathos-Ballade über Fernweh und die Trauer der Daheimgelassenen, die Quinn einst mit biblischem Ernst schmetterte. Kunzes Version klingt wie eine reine Parodie, mit Country-Begleitung und der drängenden Frage: Wieso eigentlich? Auch an der Knef scheitert Kunze. Wenn sie in "Für mich soll's rote Rosen regnen" singt, dass sie "Alles - oder nichts!" will, dann klingt das nach einem kompromisslosen Lebens-/Liebesentwurf - bei Kunze eher nach Liedfloskel.

Die adretten Streicher machen das Ganze dann fahrlässig leichtgewichtig.

Das Un-Offensive liegt Kunze da näher, seine chansonhafte Version von Udo Jürgens' "Was ich Dir sagen will" hat viel Gefühl, ebenso wie seine Ausflüge in den Osten: "Blumen aus Eis" von Karat und vor allem "Wenn ein Mensch lebt" aus dem 1973er Film "Die Legende von Paul und Paula". Eine große hymnische Melodie, luftig arrangiert - der vielleicht schönste Pop-Moment des Albums. Kunzes Bearbeitung rockigerer Kollegen ist weniger glücklich. Zwar hat Ideals "Ich steh auf Berlin" ähnlich rotzige Energie wie das Original, doch "Deine Schuld" von den Ärzten und "Alles aus Liebe" von den Toten Hosen sind schon im Original keine potenziellen Klassiker. Den Kehraus bietet "Haus der Lüge" von den Einstürzenden Neubauten, Düster-Rock mit Donner-Bass und jaulenden Keyboards. Für Neubauten-Fans wohl ein Sakrileg, aber man kann das auch als humorige Hommage sehen, als durchaus passendes Finale eines Albums mit wilden Qualitätsschwankungen und einigen schönen Momenten.

Heinz Rudolf Kunze: Meisterwerke: Verbeugungen (Sony). Konzert: 17.10. Frankfurt.

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