Die Doku „For the Love of Spock“ bei Netflix Der Vater, der Sohn und Spocks spitze Ohren

Saarbrücken · Die anrührende Doku „For the Love of Spock“ erzählt von der „Star Trek“-Figur Mister Spock und von Darsteller Leonard Nimoy – zu sehen bei Netflix und auf DVD.

  Leonard Nimoy bekommt Besuch von seinem Sohn Adam bei den Dreharbeiten zu „Star Trek“.

Leonard Nimoy bekommt Besuch von seinem Sohn Adam bei den Dreharbeiten zu „Star Trek“.

Foto: Studio Hamburg

Was würde Spock tun in der Corona-Krise? Der große Logiker würde vor allem zu Hause bleiben, beim Einkaufen einen Sicherheitsabstand halten und angesichts von Corona-Partys indigniert eine Augenbraue hochziehen (und über die potenzielle Dummheit des Menschen grübeln). Spock, der Denker mit den spitzen Ohren, ein äußerlich kühl wirkender Mann, der innerlich mit seinen Gefühlen ringt, ist eine Figur der Populärkultur – und untrennbar verbunden mit seinem Darsteller  Leonard Nimoy (1931-2015). Der  spielte Mr. Spock, halb Mensch, halb Außerirdischer, in den 60ern in der Serie „Raumschiff Enterprise“, so hieß „Star Trek“ damals bei uns, als die Serie erstmals im ZDF lief;  dann sprach er Spock in den 1970ern in einer Zeichentrickserie, war danach in den „Star Trek“-Kinofilmen zu sehen, von denen er zwei inszenierte.  Auch in der Neuauflage der Reihe war er zu sehen, zuletzt 2013 als alter, weiser Spock und als würdiger Ruhepunkt in der Action-Hektik, die mit den alten „Star Trek“-Filmen wenig zu tun hat. Da hatte Nimoy, der seine erste Autobiografie trotzig „I am not Spock“ nannte (und später „I am Spock“ versöhnlicher nachlegte), schon längst seinen Frieden gemacht mit der Rolle, die alle seine anderen überschattete.

Wie geht man damit um, Teil der Populär-Kultur zu werden? Und warum ist die Figur des Spock weltweit derart populär geworden? Diese Fragen stellt sich die Dokumentation „For the love of Spock“und beantwortet sie sehr persönlich – kein Wunder, ist der Regisseur doch Nimoys Sohn Adam. Der plante 2014 zusammen mit dem Vater einen Film über die Figur Spock; angesichts des Todes Leonard Nimoys ein Jahr später verband der Sohn das Porträt Spocks zugleich mit einem Blick auf den Vater und ihre gemeinsame, manchmal schwierige Familiengeschichte. Das hätte eine gefühlige Nabelschau werden können; aber abgesehen von den letzten Minuten, in denen die jungen Kollegen der neuen „Star Trek“-Reihe etwas zu geflissentlich Leonard Nimoys Heiligenschein polieren, ist „For the love of Spock“ ein munteres, persönliches, aber nicht aufdringlich intimes Porträt.

Alte Familienaufnahmen sind zu sehen, Interviews mit Nimoy aus verschiedenen Dekaden und aktuell geführte Gespräche mit den Kollegen von einst. Mit dabei ist, natürlich, William Shatner. Er spielte Captain Kirk, war als Star der Serie gesetzt und musste dann erleben, dass die Figur Spock zur beliebtesten wurde. Shatners Beziehung zu Nimoy war über die Jahrzehnte nicht einfach. Doch Konkurrenzgerangel, Intrigen und Alpha-Tiergehabe werden hier nur kurz angedeutet, in den späten Jahren sind sich die Männer wohl mit einer gewissen Altersmilde begegnet.

Der Film zeichnet das Bild eines Schauspielers, der sich in seinem Traumberuf (den ihm seine Eltern ausreden wollten),  jahrelang tummelt, ohne nennenswerten Erfolg zu haben. Den bringt erst, mit 35,  die Figur des Spock, eines Mannes, der etwas anders ist als die anderen, der etwas abseits steht – wer könnte sich damit nicht identifizieren? Drei Jahre läuft die Reihe, bevor sie abgesetzt wird. Nimoy, der aus armen Verhältnissen kommt, treibt auch während dieser drei Jahre die Angst vor finanziellem Abstieg um. „Ich nahm damals jeden Job an, der Geld brachte“, sagt er – um das zu illustrieren, zeigt die Doku Ausschnitte aus seiner legendär bizarren Pop-Plattenaufnahme „Bilbo Baggins“, witzig montiert in eine „Enterprise“-Szene. (Privat hört Nimoy, erzählt sein Sohn,  damals lieber Yves Montand und Charles Aznavour.)

Das Arbeitspensum während „Enterprise“ hat Folgen für die Familie: Während der Woche ist er kaum zuhause, sagen Sohn und Tochter heute, und wenn, dann trägt er die gefühlsunterdrückte Rolle Spocks mit sich herum. „Er war sehr in seiner eigenen Welt“, sagt die Tochter heute. Das klingt nicht nach einem vor Liebe überfließenden Familienleben. Nicht zuletzt ist „For the love of Spock“ auch eine Vater-Sohn-Geschichte: Erst ist Nimoy jahrelang wenig zuhause, dann, als die Karriere in den 1970ern bis zum „Star Trek“-Comeback stagniert, „hängt er zuhause rum“ und ist wohl keine Quelle der Freude, wie es der Sohn sagt. Noch schwieriger werden die 80er: Nimoys Ehe zerbricht nach 32 Jahren, er trinkt zu viel, auch der Sohn nimmt Drogen. Der schwierige Kontakt bricht irgendwann ganz ab – bis man sich in Nimoys letzten Jahren wieder sehr nahe kommt. Ein Happy End, dass man den beiden von Herzen gönnt.

Zu sehen bei Netflix, die DVD ist bei Studio Hamburg erschienen.

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