Filmwettbewerb „Créajeune“ „Jetzt, wo wir wirklich ans Ende sehen“

Saarbrücken · „Créajeune“, der Filmwettbewerb der Großregion: Am Dienstag laufen in Saarbrücken einige Filme – was gibt es zu sehen?

  Erinnerungen am Salatbeet: Josef Thomas in Nora Mazureks sehenswertem Film „Sommer im Garten“.

Erinnerungen am Salatbeet: Josef Thomas in Nora Mazureks sehenswertem Film „Sommer im Garten“.

Foto: Nora Mazurek

Ein Novum bei „Créajeune“: Bei dem Filmwettbewerb der Großregion laufen in Saarbrücken erstmals auch die Werke aus der Kategorie „Junge Erwachsene“. Eine schöne Abwechslung bei dem Wettbewerb (mitorganisiert vom Saarländischen Filmbüro), der seine drei Programme – Filme von Kindern, von Jugendlichen und von jungen Erwachsenen – quer durch die Großregion schickt: nach Luxemburg, Frankreich (diesmal Metz) und nach Saarbrücken ins Kino Achteinhalb. Dort laufen am Dienstag morgen die Preisträger des Jugendwettbewerbs (9.30 Uhr und 11.30 Uhr) und am Dienstag Abend erstmals die Bewerber um den Preis in der Kategorie „Junge Erwachsene“ (bis 30 Jahre).

Was gibt es dort zu sehen? Zwölf Filme, mal eine flotte Minute lang, mal fast eine halbe Stunde, mal fiktiver Kurzfilm, mal Doku.  Bei manchen Filmen sollte man nicht blinzeln, sonst verpasst man ein paar Einstellungen: Die Luxemburgerin Elisa Pietrangelo etwa erzählt in ihrem rasant montierten Ein-Minuten-Film „Core“ eine mysteriöse (Kurz-)Geschichte von einer älteren Dame, die via Telefonzelle in andere Welten (oder Zeiten?) reist und einem wartenden Mädchen ein besonderes Mitbringsel kredenzt. Viele Bilder und Einstellungen (das war sichtlich viel Arbeit) packt der Film in seine knappe Laufzeit, der fast wie ein Trailer für einen längeren Film wirkt – der sehr willkommen wäre.

 Eine Szene aus „Core“ von Elisa Pietrangelo.

Eine Szene aus „Core“ von Elisa Pietrangelo.

Foto: Elisa Pietrangelo

Das Gymnasium Henri Poincaré in Nancy entführt mit „The Migrant“ ins All. Ein Raumschiff namens „Sympathic“, das wie ein Hybrid aus Bügeleisen und Tischstaubsauger aussieht, gerät in Schwierigkeiten – wäre ein Planet mit Bewohnern, die wie früh gealterte Kinder aussehen, eine Rettung? Im Prinzip schon, doch deren Willkommenskultur ist nicht existent, Terraner haben einen schlechten Ruf. Ein galliger Kurzkommentar (sechs Minuten) zur Migration, ohne Zeigefinger, aber mit schönen Tricks, umflort von  Retro-Aroma.

  Offene Grenzen? Nicht im All – denn diese Wesen halten wenig von Menschen: „The Migrant“.

Offene Grenzen? Nicht im All – denn diese Wesen halten wenig von Menschen: „The Migrant“.

Foto: Lycée Henri Poincaré Nancy

Eine schwarze Komödie ist „On a merdé“ von Aurélien Maury aus Lothringen. Nach einer Party liegt eine Leiche im Wohnzimmer. Die Gastgeber greifen kurzerhand zu improvisiertem Leichensack und Schaufel, ab geht es ins Grüne. Doch die Gastgeberin tendiert zum Überregieren, wenn sie eine Schaufel in der Hand hat. Sechs flotte Minuten sind das, lässig gespielt.

Aus der Wallonie kommt die halbstündige Doku „Du blues au flouze“: Das belgische Filmkollektiv  „Coup 2 Pouce“ beschäftigt sich mit HipHop, dessen Geschichte und auch der anscheinend Genre-immanenten Tendenz, Frauen herabzuwürdigen. Eine Collage mit vielen Gesprächspartnern, darunter Musiker und Frauen, denen man in einer Einkaufspassage Videos zeigt, in denen die Statistinnen vor allem mit ihrer Rückseite in Erscheinung treten.

Nur ein Film der zwölf Wettbewerbsfilme kommt aus dem Saarland – aber ihm muss man eine Auszeichnung bei der Preisverleihung am 3. April unbedingt zutrauen: Die Saarbrückerin Nora Mazurek lässt in „Sommer im Garten“ ihren 86-jährigen Großvater Josef Thomas aus seinem Leben und von seinem Garten erzählen. Zwischen Sätzen wie „Für die Tomaten war es kein gutes Jahr“ und „Lauch geht in unserem Garten sehr gut“ spricht er von seinem Leben, seiner geliebten, demenzkranken Frau, davon, wie er 1962 beim Grubenunglück in Luisenthal an einem Tag 28 verbrannte Leichen nach oben geschafft hat, am nächsten Tag nochmal acht. Zwischen Salatbeet und Vogelhäuschen offenbart sich da, zumindest schlaglichtartig für 19 Minuten,  ein ganzes Leben. Die Vögel zwitschern, in den Scheiben eines überdachten Beets spiegeln sich die Wolken, und der Großvater spricht vom Tod, „jetzt, wo wir wirklich ans Ende sehen“. Ob er sich ein Leben nach dem Tod erhofft, fragt die Enkelin. „Ich bin der Meinung, da kommt nix“. Ein Film, der sehr berührt, ohne gefühlig zu sein – da möchte man schon eine Träne zerdrücken.

Dienstag, 19 Uhr, Kino Achteinhalb.
Programm: www.creajeune.eu

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