„Es ist wichtig, die Wurzeln der Kultur nicht zu verlieren“

In China laufen die Uhren anders – und auch der Kalender. Am 27. Januar feiern die Chinesen ihr Neujahrsfest. Ihre traditionelle Musik-Kultur bringt ein Orchester aus Peking morgen nach Saarbrücken. SZ-Redaktionsmitglied Patricia Heine hat sich mit der Projektleiterin bei Wu-Promotion, Kim Ju-Hae, unterhalten.

Das Neujahrsfest gilt als wichtigster chinesischer Feiertag. Wie wird der Tag traditionell gefeiert?

Ju-Hae: In der Tat ist das Neujahrsfest mit dem Mittherbstfest im Oktober eines der wichtigsten Feste in China. Die meisten feiern mit ihren Familien und machen sich auch auf lange Wege, die manchmal ein paar Tage lang dauern können. Sie können sich das Neujahrsfest in China so vorstellen wie Weihnachten in Deutschland.

Das Jahr des Feuer-Affen endet. 2017 steht im Zeichen des Hahnes. Was bedeutet das?

Ju-Hae: Anders als in Europa haben wir hier in Asien Tierkreiszeichen. Insgesamt zwölf Tiere für zwölf Jahre. Ja, 2017 ist das Jahr des Hahns. Der Hahn ist das Tier, das den Tag eröffnet. Und daher bedeutet das Jahr des Hahns Kraft, Selbstbewusstsein und Ehrgeiz. Das Jahr 2017 gilt als perfektes Jahr, um Pläne umzusetzen und die eigenen Stärken auszubreiten. Wir haben auch ein anderes Kalendersystem, wir rechnen nach dem Mondkalender. Das neue Jahr im asiatischen Sinn beginnt am 27. Januar 2017. Das Neujahrskonzert in Saarbrücken liegt also sehr dicht am richtigen Chinesischen Neujahrsfest.

Wie verstehen die Menschen in der westlichen Welt die chinesische Kultur?

Ju-Hae: Ich bin selber keine Chinesin, sondern Koreanerin. Ich habe lange in Deutschland gelebt. Bevor ich nach China umgezogen bin, hatte ich auch nicht viele Ideen von China. Als ich nach China ziehen wollte, waren die Reaktionen von meinen deutsch-europäischen Freunden sehr unterschiedlich - spannend, anstrengend, Smog, schlechte Lebensqualität. Eins ist klar, China ist immer noch ein Land, das in der Ferne liegt und unentdeckt ist. Man weiß schon, dass die chinesische Kultur eine lange Tradition hat. Aber ich habe das Gefühl, dass die chinesische Kultur in der westlichen Welt kaum verbreitet ist - zumindest nicht die echte Kultur. Man stellt sich eher akrobatische Gruppen, pentatonische Musik und Laternen vor. Aber das ist nicht alles. In unserem Konzert können Sie definitiv authentische Musikkultur erleben.

Wie wird diese beim Neujahrskonzert nähergebracht?

Ju-Hae: Wir arbeiten mit den besten chinesischen Orchestern aus verschiedenen Regionen. In China gibt es unzählige traditionelle Orchester. Davon sucht unser Komitee nur die besten aus. China ist ein großes Land - da können Sie sich vorstellen, dass die Musik sich auch nach Regionen unterschiedlich entwickelt hat. In Saarbrücken haben wir das Chinese Orchestra of the Chinese National Dance Drama Theater aus Peking dabei. Sie werden im Konzert die traditionelle chinesische Musik hören, da Peking als chinesische Hauptstadt der Schmelztiegel für die verschiedenen Kulturen ist.

Die Lieder des Orchesters tragen Titel wie "Drachenbootrennen" oder "Enten spielen auf dem winterlichen See". Klingt nach einem Ausflug mit der Familie in den Park. Was sollen diese bildlichen Titel bewirken?

Ju-Hae: Jedes Stück hat ein Motiv. Die Titel sind meistens sehr malerisch und haben viel mit der Natur zu tun - die Natur in China ist wirklich großartig. Ich hoffe, das Publikum kann sich das mit der Musik gut vorstellen. Die Musik spiegelt auch die chinesische Kultur wieder. Viele können nicht nach China reisen. Aber ich hoffe, das Publikum kann ein bisschen Kultur und Natur Chinas schnuppern.

In China werden immer mehr riesige Konzertsäle gebaut. Wenn internationale klassische Künstler zu Gast sind, sind die Konzerthäuser voll. Steht diese Entwicklung in Konkurrenz zu der traditionellen chinesischen Musik und verdrängt diese möglicherweise sogar?

Ju-Hae: Ganz ehrlich, wenn man die Programme von großen Konzerthäusern anschaut, findet man meistens Konzerte mit westlichen oder internationalen Musikern und Ensembles, die westliches Musikrepertoire spielen. Was ich sehr positiv finde ist, dass die chinesische Regierung die traditionelle Musik unterstützt, damit sie nicht verschwindet, sondern sich weiter entwickelt. Es ist wichtig, die Wurzeln der Kultur nicht zu verlieren.

Chinesisches Neujahrskonzert morgen, 20 Uhr, in der Saarbrücker Congresshalle. Karten unter Tel.: (06 81) 41 80 0.

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