Er träumt den amerikanischen Traum, trotz allem

Saarbrücken · Warum der deutsche Liedermacher Philipp Poisel sein aktuelles Nr. 1-Album „Mein Amerika“ in Nashville aufgenommen hat.

 Entweder ein besonders sinnender Blick von Philipp Poisel – oder das Nachtleben der Country-Hauptstadt Nashville ist ziemlich hart. Foto: Christoph Koestlin

Entweder ein besonders sinnender Blick von Philipp Poisel – oder das Nachtleben der Country-Hauptstadt Nashville ist ziemlich hart. Foto: Christoph Koestlin

Foto: Christoph Koestlin

Er hat die großen Hallen bespielt, seine sehnsuchtsgeladenen Lieder haben Tausende gerührt. Philipp Poisel, 1983 im schwäbischen Ludwigsburg geboren, 2007 von Herbert Grönemeyer entdeckt, der ihn für seine Plattenfirma Grönland engagierte. Es waren Lieder wie am Lagerfeuer: intime Herzensnot und Seelenqualen, intensive Liebesgefühle und nachfolgender Liebeskummer, leise und melancholisch gesungen - manchmal war es aber ein bisschen zu viel an Gefühlssalat, zu nahe am Schlager.

2008 erschien das Debüt "Wo fängt dein Himmel an?", 2012 folgte das Live-Album "Projekt Seerosenteich", 19 sehr persönliche Lieder, begleitet von Streicherquartett und Klavier - es schoss auf Platz eins der deutschen Album-Charts. Dann wurde es ruhig um den Singer-Songwriter, der von sich selbst sagt, dass er in der Arbeit eher langsam sei.

Nun erscheint das Studio-Album "Mein Amerika", zwölf Songs, von Poisel geschrieben, die meisten davon in Nashville aufgenommmen. Die emotionalen Pirouetten von früher hat Poisel hinter sich gelassen, das neue Album zeigt eine deutliche Weiterentwicklung seines Stils. Der Mann, der einst allein mit seiner Gitarre begann, kommt uns nun mit einem neuen, satten Bandklang. Poisel spricht in der "Berliner Morgenpost" vom "amerikanischen Sound", dem "Blues-Rock-Stil". Er habe seiner Band mehr Freiraum gegeben, aber das Gerüst, Melodie und Text, stamme von ihm. Das ganze Album sei "Nashville-mäßig" durch das Einspielen in der Country-Hauptstadt, auch wenn die Texte nach wie vor deutschsprachig sind.

Die Musik ist bewährt stimmungsvoll, emotional aufgeladen, auch melancholisch, aber auf der Bühne sollen ihm die Songs künftig "mehr Spielräume" verschaffen, auch solche, "die ich noch gar nicht kenne". Er sucht bei der anstehenden Tournee nicht mehr nur den speziellen Moment zwischen dem Publikum und ihm, wenn es zur großen Verschwisterung kommt, sondern auch die große Bühne, das Licht, die Show.

"Die aktuelle Brisanz der Politik", stellt Poisel klar, werde nicht mit seiner Musik vermischt. Amerika sei es wert, "weiter geliebt zu werden. Wir sollten uns auch immer fragen, wo jetzt die schönen Seiten an Amerika zu finden sind", meint er. Die Ideen zu den Songs gab es lange vor der Trump-Ära. Wenn er an Amerika denke, stelle sich ein besonderes Gefühl ein: "Das ist so eine Weite. Das Gefühl der Freiheit." Amerika sei für ihn "so eine Melange aus vielem: Zum einen das Amerika, über das ein Adler fliegt, der sich frei fühlt, dann das Amerika aus meiner Kindheit. Das war immer das Land, wo aufregende Dinge passieren. Wo alles herkommt, was hip ist."

Philipp Poisel besitzt eine Stimme, die gern gehört wird, hat Lieder, die gut ankommen, Themen, die vor allem jüngere Menschen interessieren, aber eben nicht nur. Liebe, Poisels Zentralthema, geht über alle Altersgrenzen hinweg. Auch die Liebe zu Amerika.

Philipp Poisel: Mein Amerika (Grönland Records / Rough Trade).

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