Klassische Musik Ende für Schuberts „Unvollendete“

Saarbrücken · Die Radiophilharmonie spielte ihre 3. Matinee in der Saarbrücker Congresshalle.

Das musikwissenschaftliche Anliegen, ein Teilhaftes posthum zu einem Ganzen zu machen, ist bekanntlich groß. Was schon Bruckner, Mozart und Mahler ereilte, lässt sich ebenso auf Schuberts 7. Sinfonie anwenden, welche das Nichtfertigsein schließlich gar im Namen trägt. Mit der 3. Sonntagsmatinee der „Deutschen Radio Philharmonie“ gelangte auch dieses h-Moll-Oeuvre zu seiner Vollendung, indem der Schweizer Dirigent Mario Venzago zusätzlich zwei Folgesätze, von ihm selbst arrangiert und rekonstruiert, zur Aufführung brachte. Wohltuend unromantisch, vielmehr von einem noch-klassischen Gestus bereichert, gelang bereits die Interpretation des Originalteils – äußerst sinnstiftend in Bezug auf das sinfonische Gesamtwerk Schuberts, dessen richtungsweisende Logik von einer weltverlorenen Pathetik, die man speziell jener 1822 entstandenen Komposition oft künstlich abverlangt, viel eher durchkreuzt wird.

Von entschiedener Gegensätzlichkeit zeugte die Wahl der Tempi, der im „Allegro moderato“ radikal auf ganzen Takten stehende Duktus, im „Andante“ dann diametral gespiegelt, was wiederum dramaturgischen Raum für die vergrößerte Form zugleich bot und einforderte. Der temperamentvolle Venzago nahm die einzelnen Register bei der Hand und führte sie aufeinander zu, zeigte ihnen seine Sucht nach maximaler Durchsicht und Melodik mit der gleichen Raffinesse auf, die Schubert musikparametrisch innewohnt. Das Scherzo nahm Züge einer kecken Bühnenmusik an, erinnerte episodisch an die eröffnende Ouvertüre zum Singspiel „Die Freunde von Salamanca“, während im Trio ein vorbildlich homogener Bläsersatz mit warm-vordergründigem Charakterklang dominierte. Wie eine Fantasie über „Rosamunde“ präsentierte sich der Finalsatz, von der kompositorischen Ausgestaltung eines Grundmaterials her wiederum der „Wandererfantasie“ nicht unähnlich, welche Herbert Schuch am Klavier zuvor meisterlich unprätentiös und sublim zum Besten gegeben hatte. Der orchestralen Liszt-Bearbeitung folgte ein Glöckchenschlag, „La Campanella“, als gefeierte Zugabe.

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