Landeswettbewerb „Jugend musiziert“ Belohnung passionierten Eifers

Saarbrücken · Eindrücke vom gestrigen Landeswettbewerb „Jugend musiziert“, bei dem erstmals die Sparte Alte Musik dabei war.

  Gestern in der Saarbrücker Musikhochschule: das einzige saarländische Ensemble für Alte Musik (Altersgruppe 3), bestehend aus (v.l.) Mathilde Kemmerer (Harfe), Julia Henke (Flöte), Lenke Nagy (Cembalo) und Ronja Leiser (Flöte).

Gestern in der Saarbrücker Musikhochschule: das einzige saarländische Ensemble für Alte Musik (Altersgruppe 3), bestehend aus (v.l.) Mathilde Kemmerer (Harfe), Julia Henke (Flöte), Lenke Nagy (Cembalo) und Ronja Leiser (Flöte).

Foto: Kerstin Krämer

„Ist das herrlich! Kann man den Tag schöner beginnen als mit Musik?“ Strahlend vor Wohlwollen betritt Ingrid Paul am Donnerstagmorgen um zehn Uhr Raum 218 der Hochschule für Musik Saar (HfM). Die Flötistin gehört einer der zahlreichen Jurys beim Landeswettbewerb „Jugend Musiziert Saar“ an und hat gleich zusammen mit ihren Kollegen Simon Graeber, Bernhard Stopp und Daniel Paul einen absoluten Exoten vor sich: Erstmals ist die Sparte Alte Musik im Saarland in der Wertung, und es gibt nur ein einziges hiesiges Ensemble, das sich für den Landesentscheid qualifiziert hat. Auch im benachbarten Rheinland-Pfalz hat‘s nur eine Gruppe geschafft, weswegen das Pfälzer Trio, gleichfalls Altersgruppe 3, ebenfalls an diesem Vormittag in Saarbrücken antritt.

Diese länderübergreifende Kooperation ist üblich, erklärt Bernhard Fromkorth, Vorsitzender des Landesauschusses Saar: Sie erspart Verwaltungsaufwand. Auf den Fluren der HfM und der benachbarten Schillerschule haben sich derweil Erwachsene zu Grüppchen zusammen gerottet: Eltern, Musiklehrer und Ensemble-Leiter, die je nach Erfahrungshorizont und Erwartungshaltung lässig umher schlendern oder hilflos hin und her trippeln. Die meisten der jugendlichen Teilnehmer selbst wirken dagegen ziemlich cool. Eher wenig Lampenfieber haben auch die vier Saarbrücker Mädels des Quartetts für Alte Musik. Sie konnten sich abseits des Trubels warm spielen und staunen nun über das unerwartet große Interesse, das ihnen zuteil wird. Tatsächlich müssen sich einige Zuhörer erst einen Stuhl besorgen, und dann wird’s auch schon ziemlich eng in dem kleinen Raum.

Dass die vier Gesangssolistinnen in der Sparte Pop viele Leute ins Studio 1 locken würden, damit hatte man gerechnet. Aber dass sich die Alte Musik gleich bei ihrem Debüt als Publikumsmagnet erweisen würde – wer hätte das geahnt? Auch Bernhard Stilz, Fachbereichsleiter für Blasinstrumente an der Musikschule Saarbrücken, ist freudig überrascht: Er unterrichtet zwei der Mädchen an der Blockflöte und betreut als Spezialist für Alte Musik und Historische Aufführungspraxis auch das gesamte Ensemble. Ehrensache, dass die Sopran-, Alt- und Tenorflöten von Ronja Leiser (12) und Julia Henke (14) Nachbauten historischer Instrumente sind. Während bei ihnen zuhause höchstens privat musiziert wird, kommen ihre beiden Mitspielerinnen aus musikalisch schwerst vorbelasteten Familien: Die Eltern der Harfenistin Mathilde Kemmerer (13) sind die Mezzosopranistin Claudia Kemmerer und der Cembalist Lutz Gillmann, beide ebenfalls Experten in Alter Musik. Und Lenke Nagy (13), die hier ausnahmsweise Cembalo statt Klavier spielt und sich nach eigener Aussage „langsam daran gewöhnt hat“, ist die Tochter des Organisten-Paars Tünde Nagy und Christoph Hauschild. Kurioserweise ging die Initiative zu dem erst im Spätherbst letzten Jahres gegründeten Quartett aber von Ronja Leiser aus. Die Schülerin des Willi-Graf-Gymnasiums hatte bereits 2018 einen Preis als Solistin gemacht, war aber noch zu jung, um zum Bundesentscheid fahren zu dürfen.

Die Mitgliedschaft in einem Ensemble für Alte Musik war nun in diesem Jahr die einzige Möglichkeit, als Flötistin überhaupt am Wettbewerb teilnehmen zu können – und so „verhafteten“ Ronja und ihre langjährige Partnerin Julia wild entschlossen Julias Klassenkameradinnen vom Schloss-Gymnasium. Obwohl „keine in der Alten Musik so richtig drin war“, staunt Stilz, „wie wunderbar sich das Continuo- und Freispiel entwickelt“ habe. Am Ende wurde der passionierte Eifer der Mädchen tatsächlich mit einem ersten Platz belohnt – an Pfingsten reist das Quartett zum Bundesentscheid nach Halle. Auf jeden Fall wollen die Vier zusammen bleiben. „Vielleicht versuchen wir es auch mal mit Neuer Musik“, sagt Mathilde schelmisch. Sie stellt sich übrigens am 7. April einem weiteren Landesentscheid: Im Rahmen der Länder-Kooperation tritt sie im Harfen-Duo in Rheinland-Pfalz an.

Dass der diesjährige Jahrgang mit insgesamt 76 Teilnehmern prozentual etwas schwächer ausfiel als sonst, liegt laut Bernhard Fromkorth an den zahlreichen Ausschreibungen für Ensembles – und dass just diese zeitintensiven Ensembles wegen der Belastung der Schüler durch G8 schwer zu realisieren seien.

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