„Ein wunderbares Gefühl“

Hofmann: · Sie haben als 18-Jähriger einen Film über die Scheidung Ihrer Eltern gedreht, Ihr Abschlussfilm an der Münchner Filmhochschule hieß "Der Krieg meines Vaters" - ist Geschichte und Familiengeschichte der Motor Ihrer Arbeit? Hofmann: Ja, am Klischeesatz "Das Leben schreibt die spannendsten Geschichten" ist sicher etwas dran. In Israel habe ich gerade unglaublich spannende Menschen kennengelernt, bei denen man sich fragt, wie so viel in nur einem Leben geschehen kann. Aber mich kann filmisch genauso ein Stück Literatur interessieren, "Der Turm" etwa oder Lutz Seilers Roman "Kruso", den wir gerade adaptieren. Viele Ihrer Filme beschäftigen sich mit der NS-Zeit. Ist Ihr erfolgreicher und kontrovers diskutierter Dreiteiler "Unsere Mütter, unsere Väter" da ein Schlüsselwerk? Hofmann: In gewisser Weise schon, weil der Film die Zusammenführung meiner jahrelangen Beschäftigung mit der NS-Zeit war. "Nackt unter Wölfen" über die Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald war mir aber genauso wichtig, ein Film, der ganz aus der Perspektive der Opfer erzählt wurde. Manche Kritiker werfen Ihnen eine stark emotionalisierende "Guido-Knoppisierung" von Geschichte vor. Trifft Sie das? Hofmann: Nein. Guido Knopp ist historisch extrem bewandert und einer der erfolgreichsten Fernsehmacher, die wir haben. Aber eine Kontroverse wie um "Unsere Mütter, unsere Väter" muss man immer aushalten. Und diese Kontroverse ändert nichts daran, wie wichtig die Diskussion in Deutschland ist, die der Film ausgelöst hat - und das Gespräch zwischen den Generationen. War das auch nochmal eine Chance zum Dialog mit Ihrem Vater, der Soldat im Zweiten Weltkrieg war? Hofmann: Ja, er ist jetzt 91, das war die wichtigste und vielleicht letzte Möglichkeit, mich noch einmal mit meinem Vater auseinanderzusetzen. Man muss mit dieser Generation sprechen, solange sie noch lebt. Ihre Film richten sich mit guten Sendezeiten und großen Budgets an ein großes Publikum - wie ist das, wenn Sie das nicht erreichen? Die Reihe "Deutschland 83" bekam exzellente Kritiken, hatte aber keine gute Quote. Hofmann: Das tut schon weh, ist aber eher selten. Dass "Deutschland 83" das meistgesehene deutsche Programm im Rest der Welt war, tröstet mich, ohne mir etwas schönreden zu wollen. Aber ich leide viel stärker, wenn ich einen Film von mir nicht gelungen finde, nicht gut produziert, nicht richtig zu Ende gedacht. Filmtitel wollen Sie wahrscheinlich nicht nennen? Hofmann: Natürlich nicht. Mit "Der Mann aus der Pfalz" haben Sie einen Film über Helmut Kohl produziert.Er war früher regelmäßig Gast bei Ihren Eltern zum Abendessen - wie war das? Hofmann: Ich war viel zu klein, um mich präzise erinnern zu können. Meine Eltern waren beide Journalisten, die Kohls waren ein paar Mal bei uns zum Essen, aber das ist sehr lange her. "Solo für Klarinette" von 1998 ist Ihre bisher letzte Regie-Arbeit. Reizt Sie die Regie gar nicht mehr? Hofmann: Überhaupt nicht. Als Produzent kann ich viel mehr bewegen, ich kann im Jahr 30 bis 40 Projekte in die Wege leiten, drei bis vier selber eng betreuen. Ich leide höchstens, wenn ich bei meinen Produktionen schlechte Regieleistungen sehe - das ist aber eher selten. Gehen Sie selber ans Set? Hofmann: Nein, es macht mich verrückt, wenn ich selbst nicht eingreifen kann. Als "Solo für Klarinette" ins Kino kam, stellte ihn Götz George bei "Wetten, dass" vor und reagierte sehr gereizt auf Thomas Gottschalk, als der etwas flapsig mit dem Film umging - durchaus ein kleines Stück TV-Geschichte. Hofmann: Ich saß damals mit Regina Ziegler, unserer Produzentin, im Publikum, das war schon ein aufregender Moment. Götz war sehr dünnhäutig, weil uns so viel am Film lag, ich habe ihn gut verstanden. Er ist für mich die wichtigste Person in meinem künstlerischen Leben, wir haben fünf Filme zusammen gemacht, Götz George hat mir alles über Schauspielerei beigebracht. Der Begriff "Produzent" ist ja weit gefasst - zwischen bloßem Finanzier und dem Herzen eines Films. Wie sehen Sie sich da selbst? Hofmann: Viele Leute denken ja, dass man als Produzent in Cannes auf irgendwelchen Yachten sitzt, das ist aber höchst selten. Ein guter Produzent ist das zentrale Modul eines Films - die Idee kommt von ihm, er arbeitet am Drehbuch mit, er setzt das Team zusammen, er ist wie ein Dirigent. Film ist sehr komplex, und da muss man sich in allen Aspekten auskennen. Manchmal besorge ich sogar die Tonmischung eines Films - "Ich bin dann mal weg" etwa habe ich komplett ummischen lassen. Das kann zu Konflikten mit dem Regisseur führen. Hofmann: Natürlich. Ich habe eine ausgeprägte Vorstellung davon, wie ich mir den Film vorstelle - das macht den Produzenten auch aus. Und natürlich gibt es da Konfliktpotential, wenn es zu Widersprüchen kommt, genau da beginnt aber auch der Dialog. Sie lehren seit 20 Jahren an der Filmakademie Ludwigsburg. Hofmann: Ich habe die Abteilung "Szenischer Film" aufgebaut und bin darauf sehr stolz. Ludwigsburg ist auch die Verbindung zu Ophüls - dieses Festival ist für meine Studenten nach wie vor das wichtigste Sprungbrett. Ich war 1986 selbst als Regisseur in Saarbrücken. "Der Polenweiher" nach Thomas Strittmatter hatte da Premiere, auch später war ich oft im Saarland. Wie sehen Sie den aktuellen Nachwuchs? Hofmann: Alle zwei, drei Jahre gibt es einen Wechsel der Generationen. Die aktuelle ist sehr radikal, sehr politisch und überlegt sich genau, welche Themen sie setzt. Burhan Qurbani etwa, der zuletzt mit "Wir sind jung. Wir sind stark" Furore gemacht hat, war einer meiner Studenten, auch Christian Schwochow, der zuletzt "Der Turm" inszeniert hat und sich jetzt gerade mit dem NSU beschäftigt Hat sich der Druck für junge Filmemacher erhöht, direkt ins Geschäft zu kommen und kommerziell zu arbeiten, um einen Fuß in die Tür zu kriegen? Hofmann: Druck gibt es ja immer. Aber ich finde, dass die Geduld gewachsen ist - jeder Produzent und TV-Redakteur weiß, dass mindestens drei, vier Filme nötig sind, damit sich ein Talent wirklich entfaltet. Als ich junger Regisseur war, mussten schon die ersten ein, zwei Filme funktionieren, damit man nicht im Abseits landet. Heute wird mehr Aufbauarbeit geleistet, beim ZDF etwa können junge Regisseure mittlerweile zwei "Kleine Fernsehspiele" machen und dann noch einen Film fürs Hauptabendprogramm. Das ist gut so. Picken Sie sich in Ludwigsburg Leute für eigene Filme heraus? Permanent. Jemanden wie Christian Schwochow haben wir ganz konsequent aufgebaut. Seine Filme "Novemberkind" und "Die Unsichtbare" liefen beim Ophüls-Festival und dann im Kino, der Fernsehfilm "Der Turm", den ich produziert habe, war sein großer Durchbruch - das waren alles künstlerisch hochwertige Filme. In einer Zeitung wurde mal geschrieben, ich würde in Ludwigsburg mein eigenes Fernseh-Hollywood züchten - das fand ich ziemlich daneben. Ich bin ja nicht interessiert daran, Leute fürs Fernsehen zu verbiegen - dazu sind die Studenten auch viel zu individuell. Nehmen Sie etwa Florian Schwarz, der zuletzt diesen wunderbaren Ulrich-Tukur-"Tatort" mit Ulrich Matthes gemacht hat. Der hat bei mir studiert und einen außergewöhnlichen, radikalen Diplomfilm gemacht, "Katze im Sack", der 2005 bei Ophüls lief. Heute kann er sich vor Angeboten nicht retten. Für mich als seinen ehemaligen Dozenten ist das ein wunderbares Gefühl.


Sie haben als 18-Jähriger einen Film über die Scheidung Ihrer Eltern gedreht, Ihr Abschlussfilm an der Münchner Filmhochschule hieß "Der Krieg meines Vaters" - ist Geschichte und Familiengeschichte der Motor Ihrer Arbeit?

Hofmann: Ja, am Klischeesatz "Das Leben schreibt die spannendsten Geschichten" ist sicher etwas dran. In Israel habe ich gerade unglaublich spannende Menschen kennengelernt, bei denen man sich fragt, wie so viel in nur einem Leben geschehen kann. Aber mich kann filmisch genauso ein Stück Literatur interessieren, "Der Turm" etwa oder Lutz Seilers Roman "Kruso", den wir gerade adaptieren.

Viele Ihrer Filme beschäftigen sich mit der NS-Zeit. Ist Ihr erfolgreicher und kontrovers diskutierter Dreiteiler "Unsere Mütter, unsere Väter" da ein Schlüsselwerk?

Hofmann: In gewisser Weise schon, weil der Film die Zusammenführung meiner jahrelangen Beschäftigung mit der NS-Zeit war. "Nackt unter Wölfen" über die Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald war mir aber genauso wichtig, ein Film, der ganz aus der Perspektive der Opfer erzählt wurde.

Manche Kritiker werfen Ihnen eine stark emotionalisierende "Guido-Knoppisierung" von Geschichte vor. Trifft Sie das?

Hofmann: Nein. Guido Knopp ist historisch extrem bewandert und einer der erfolgreichsten Fernsehmacher, die wir haben. Aber eine Kontroverse wie um "Unsere Mütter, unsere Väter" muss man immer aushalten. Und diese Kontroverse ändert nichts daran, wie wichtig die Diskussion in Deutschland ist, die der Film ausgelöst hat - und das Gespräch zwischen den Generationen.

War das auch nochmal eine Chance zum Dialog mit Ihrem Vater, der Soldat im Zweiten Weltkrieg war?

Hofmann: Ja, er ist jetzt 91, das war die wichtigste und vielleicht letzte Möglichkeit, mich noch einmal mit meinem Vater auseinanderzusetzen. Man muss mit dieser Generation sprechen, solange sie noch lebt.

Ihre Film richten sich mit guten Sendezeiten und großen Budgets an ein großes Publikum - wie ist das, wenn Sie das nicht erreichen? Die Reihe "Deutschland 83" bekam exzellente Kritiken, hatte aber keine gute Quote.

Hofmann: Das tut schon weh, ist aber eher selten. Dass "Deutschland 83" das meistgesehene deutsche Programm im Rest der Welt war, tröstet mich, ohne mir etwas schönreden zu wollen. Aber ich leide viel stärker, wenn ich einen Film von mir nicht gelungen finde, nicht gut produziert, nicht richtig zu Ende gedacht.

Filmtitel wollen Sie wahrscheinlich nicht nennen?

Hofmann: Natürlich nicht.

Mit "Der Mann aus der Pfalz" haben Sie einen Film über Helmut Kohl produziert.Er war früher regelmäßig Gast bei Ihren Eltern zum Abendessen - wie war das?

Hofmann: Ich war viel zu klein, um mich präzise erinnern zu können. Meine Eltern waren beide Journalisten, die Kohls waren ein paar Mal bei uns zum Essen, aber das ist sehr lange her.

"Solo für Klarinette" von 1998 ist Ihre bisher letzte Regie-Arbeit. Reizt Sie die Regie gar nicht mehr?

Hofmann: Überhaupt nicht. Als Produzent kann ich viel mehr bewegen, ich kann im Jahr 30 bis 40 Projekte in die Wege leiten, drei bis vier selber eng betreuen. Ich leide höchstens, wenn ich bei meinen Produktionen schlechte Regieleistungen sehe - das ist aber eher selten.

Gehen Sie selber ans Set?

Hofmann: Nein, es macht mich verrückt, wenn ich selbst nicht eingreifen kann.

Als "Solo für Klarinette" ins Kino kam, stellte ihn Götz George bei "Wetten, dass" vor und reagierte sehr gereizt auf Thomas Gottschalk, als der etwas flapsig mit dem Film umging - durchaus ein kleines Stück TV-Geschichte.

Hofmann: Ich saß damals mit Regina Ziegler, unserer Produzentin, im Publikum, das war schon ein aufregender Moment. Götz war sehr dünnhäutig, weil uns so viel am Film lag, ich habe ihn gut verstanden. Er ist für mich die wichtigste Person in meinem künstlerischen Leben, wir haben fünf Filme zusammen gemacht, Götz George hat mir alles über Schauspielerei beigebracht.

Der Begriff "Produzent" ist ja weit gefasst - zwischen bloßem Finanzier und dem Herzen eines Films. Wie sehen Sie sich da selbst?

Hofmann: Viele Leute denken ja, dass man als Produzent in Cannes auf irgendwelchen Yachten sitzt, das ist aber höchst selten. Ein guter Produzent ist das zentrale Modul eines Films - die Idee kommt von ihm, er arbeitet am Drehbuch mit, er setzt das Team zusammen, er ist wie ein Dirigent. Film ist sehr komplex, und da muss man sich in allen Aspekten auskennen. Manchmal besorge ich sogar die Tonmischung eines Films - "Ich bin dann mal weg" etwa habe ich komplett ummischen lassen.

Das kann zu Konflikten mit dem Regisseur führen.

Hofmann: Natürlich. Ich habe eine ausgeprägte Vorstellung davon, wie ich mir den Film vorstelle - das macht den Produzenten auch aus. Und natürlich gibt es da Konfliktpotential, wenn es zu Widersprüchen kommt, genau da beginnt aber auch der Dialog.

Sie lehren seit 20 Jahren an der Filmakademie Ludwigsburg.

Hofmann: Ich habe die Abteilung "Szenischer Film" aufgebaut und bin darauf sehr stolz. Ludwigsburg ist auch die Verbindung zu Ophüls - dieses Festival ist für meine Studenten nach wie vor das wichtigste Sprungbrett. Ich war 1986 selbst als Regisseur in Saarbrücken. "Der Polenweiher" nach Thomas Strittmatter hatte da Premiere, auch später war ich oft im Saarland.

Wie sehen Sie den aktuellen Nachwuchs?

Hofmann: Alle zwei, drei Jahre gibt es einen Wechsel der Generationen. Die aktuelle ist sehr radikal, sehr politisch und überlegt sich genau, welche Themen sie setzt. Burhan Qurbani etwa, der zuletzt mit "Wir sind jung. Wir sind stark" Furore gemacht hat, war einer meiner Studenten, auch Christian Schwochow, der zuletzt "Der Turm" inszeniert hat und sich jetzt gerade mit dem NSU beschäftigt

Hat sich der Druck für junge Filmemacher erhöht, direkt ins Geschäft zu kommen und kommerziell zu arbeiten, um einen Fuß in die Tür zu kriegen?

Hofmann: Druck gibt es ja immer. Aber ich finde, dass die Geduld gewachsen ist - jeder Produzent und TV-Redakteur weiß, dass mindestens drei, vier Filme nötig sind, damit sich ein Talent wirklich entfaltet. Als ich junger Regisseur war, mussten schon die ersten ein, zwei Filme funktionieren, damit man nicht im Abseits landet. Heute wird mehr Aufbauarbeit geleistet, beim ZDF etwa können junge Regisseure mittlerweile zwei "Kleine Fernsehspiele" machen und dann noch einen Film fürs Hauptabendprogramm. Das ist gut so.

Picken Sie sich in Ludwigsburg Leute für eigene Filme heraus?

Permanent. Jemanden wie Christian Schwochow haben wir ganz konsequent aufgebaut. Seine Filme "Novemberkind" und "Die Unsichtbare" liefen beim Ophüls-Festival und dann im Kino, der Fernsehfilm "Der Turm", den ich produziert habe, war sein großer Durchbruch - das waren alles künstlerisch hochwertige Filme. In einer Zeitung wurde mal geschrieben, ich würde in Ludwigsburg mein eigenes Fernseh-Hollywood züchten - das fand ich ziemlich daneben. Ich bin ja nicht interessiert daran, Leute fürs Fernsehen zu verbiegen - dazu sind die Studenten auch viel zu individuell. Nehmen Sie etwa Florian Schwarz, der zuletzt diesen wunderbaren Ulrich-Tukur-"Tatort" mit Ulrich Matthes gemacht hat. Der hat bei mir studiert und einen außergewöhnlichen, radikalen Diplomfilm gemacht, "Katze im Sack", der 2005 bei Ophüls lief. Heute kann er sich vor Angeboten nicht retten. Für mich als seinen ehemaligen Dozenten ist das ein wunderbares Gefühl.

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Zur PersonNico Hofmann, 1959 in Heidelberg geboren,volontiert nach dem Abitur bei der "Rheinpfalz" und studiert dann an der Hochschule für Fernsehen und Film München (HFF). Schon sein Abschlussfilm "Der Krieg meines Vaters" beschäftigt sich mit Historie und Familiengeschichte. Als Regisseur dreht er einige "Tatort"-Folgen, den prämierten Thriller "Der Sandmann" mit Götz George, eine TV-Verfilmung von "Es geschah am helllichten Tag" und "Solo für Klarinette".Ab 1998 arbeitet Hofmann als Produzent, seine TV-Filme widmen sich oft der Geschichte und historischen Figuren: "Dutschke", "Rommel", "George", "Grzimek" und "Dresden". Der Kriegs-Dreiteiler "Unsere Mütter, unsere Väter" wird zum internationalen Erfolg, Hofmanns jüngste Kinoproduktion ist "Ich bin dann mal weg".Seit 1995 lehrt Hofmann an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg, seit 2105 ist er Ko-Geschäftsführer der Ufa Gruppe. red

Festival-Termine:

Eröffnung bis Preisverleihung

Eröffnung: Heute Abend ab 19.30 Uhr im Cinestar. Produzent Nico Hofmann wird mit dem Ehrenpreis des Festivals ausgezeichnet, Schauspielerin Maria Furtwängler hält die Laudatio, durch den Abend führt Matthias Beier. Die Zeremonie wird von einem Gebärdendolmetscher begleitet. Danach läuft der Film "Das Wetter in geschlossenen Räumen" (siehe Kritik unten). Im Anschluss sind alle Gäste zu einem Empfang der Saarländischen Ministerpräsidentin eingeladen. Vereinzelte Karten für die Eröffnungsfeier (24 Euro für Saal 11/20 Euro für Saal 6 und Saal 7) gibt es im Cinestar, im Filmhaus, in der Camera Zwo und unter www.max-ophules-preis.de

Treffpunkt Lolas Bistro: In diesem Jahr treffen sich die Ophüls-Interessierten nicht in der Garage, sondern im N8werk/Gloria in der St. Johanner Straße 38 nahe des Cinestar. Geöffnet ist Dienstag bis Freitag ab 20.30 Uhr, am Freitag kostet der Eintritt fünf Euro, ansonsten ist er frei. An jedem Abend beginnen um 23 Uhr die SR-Mitternachts-Talks, Shirin Sojitrawalla und Kai Schmieding sprechen mit Filmschaffenden.

Sondervorführung: Morgen um 19 Uhr sind im Cinestar (Saal 5) drei Kurzfilme der syrischen Regisseure Roulad Jadan, Muhanad Al-Hariri und Diana Kadah zu sehen. Teilweise sind die Filme auf der Flucht nach Deutschland entstanden. In der Diskussion nach den Filmen (geführt in Englisch) werden sie davon erzählen. Die Tickets sind kostenfrei.

Werkstattgespräche: Zwei Ehrengäste gibt es in diesem Jahr. Marcel Ophüls, Sohn des Festival-Namensgebers und Oscarpreisträger ("Hotel Terminus") reist mit vier Filmen an, die beim Festival zu sehen sein werden. Einer davon, "Kortnergeschichten", läuft am Mittwoch um 18 Uhr bei der Stiftung Demokratie Saarland (Europaallee 18), im Anschluss wird der 88-Jährige über seine Arbeit sprechen. Am Freitag liest er am selben Ort ab 18 Uhr aus seiner Autobiografie "Meines Vaters Sohn". Die Schauspielerin und Regisseurin Maria Schrader, von der beim Festival vier Filme laufen, spricht am Freitag ab 20.15 Uhr in der Camera Zwo über ihre Arbeit, davor läuft um 18 Uhr "Aimée und Jaguar".

Diskussion: Um "Musik im Film" geht es am Freitag ab 15.30 Uhr im Domicil Leidinger (Mainzer Straße 10) bei einer Podiumsdiskussion mit Musikern, Produzenten und Lizenz-Fachleuten. Info: www.saarland.medien

Rollstuhlgerechter Zugang: Der Cinestar und das Kino Achteinhalb verfügen über rollstuhlgerechte Ausstattung. Rollstuhlplätze sollte man reservieren unter ticketing@max-ophuels-preis.de, Tel. (01 52) 28 422 596 oder (01 52) 52 743 560. Begleitpersonen haben freien Eintritt.

Preisverleihung: Am Samstag ab 19.30 Uhr im E-Werk. Lutz Winde moderiert, ab 22.30 Uhr schließt sich die Filmparty an. Karten für die Preisverleihung kosten 30 Euro (inklusive Eintritt Filmparty und Bus-Shuttle), für die Filmparty 20 Euro. red

Not macht verschwenderisch

Der gelungene Eröffnungsfilm "Das Wetter in geschlossenen Räumen"

Draußen donnern die Granaten, im arabischen Edel-Hotel knallen aber nur die Sektkorken. Isabelle Stevers Film "Das Wetter in geschlossenen Räumen" erzählt von Menschen, denen es gut geht, weil es anderen schlecht geht.

Saarbrücken. "Wenn ich jetzt mittanze, ist mein Projekt durchfinanziert", sagt die Entwicklungshelferin - und stöckelt hüfteschwingend über die Bartische in Richtung Tanzfläche. Dorothea, die Hauptfigur in "Das Leben in geschlossenen Räumen", arbeitet im arabischen Kriegsgebiet an einem Projekt, das Stipendien an Flüchtlingsmädchen für eine Londoner Universität vergibt. Das Geld treibt sie bei Charity-Empfängen auf, beim Becircen von Botschaftern reicher Länder im Luxushotel. Dort knallen die Champagnerkorken, während in der Ferne die Granaten donnern.

Isabelle Stever (Buch und Regie) erzählt von einer Frau, die sich konsequent betäubt - um die Angst vor der Gefahr auszublenden, aber vor allem wohl die Erkenntnis, dass sie dank des Elends um sie herum im Luxus leben kann. Eine Zufallsbekanntschaft in ihrem Bett kommt ihr ganz recht, ein junger Mann, der zusammenhanglos, aber mit Rehblick Sätze sagt wie "Ich würde für Dich töten" oder "Ich mach Dir jetzt ein Kind" und die Minibar leert. Langsam verliert Dorothea den Überblick und die Kontrolle. Diesen langsamen Kollaps spielt Maria Furtwängler packend, exemplarisch ist eine Szene, in der sie innerlich in sich zusammenfällt und ihr die Gesichtszüge entgleisen, während der Hofstaat ihre im Suff verwüstete Suite wieder herrichtet. Als Blick auf die Entwicklungshilfe will die Regisseurin den Film nicht verstanden wissen; ihr geht es um das Bild einer "Parallelwelt, die immer größere Schwierigkeiten hat, sich abzuschotten". Davon erzählt Stever ruhig, aber mit innerer Spannung. tok

Das beschwerliche Finden

des "Bruttosozialglücks"

Saarbrücken. Um das "Bruttosozialglück", das König Jigme Wangchuck vor Jahren als Staatsziel ausrief, muss man sich im buddhistischen Königreich Bhutan allmählich sorgen. Es besagte, dass ökonomisches Wachstum dort mit der Bewahrung von Tradition und Kultur einhergehen müsse. Dass dies mit dem Bhutan von heute nicht immer viel zu tun hat, lehrt Irja von Bernstorffs Doku "The farmer and I" (Di: 20.30 Uhr: CS 1; Mi: 22 Uhr, CS 2; Do: 13 Uhr, CS 5; Sa: 12.45 Uhr, CS 9) - einer der bemerkenswertesten Filme im Dokufilm-Wettbewerb.

Er zeichnet eine Art "Clash of civilizations" bei den Dreharbeiten zu einer 25-teiligen TV-Serie für den einzigen bhutanischen Fernsehsender nach, die die junge deutsche Regisseurin mit dem Bauernaktivisten Sangay vor Ort entwickelt und realisiert hat. Mit ihrer Serie wollen sie die Landflucht der Bauern aufhalten und für eine nachhaltige Landwirtschaft in dem Himalayastaat werben - aus ihrer Sicht die einzige Chance, Bhutans weitere Verwestlichung zu verhindern. Bald aber wird das Regieduo von demselben Kulturkonflikt eingeholt, der das sich als letzte Bastion gegen heutige Fortschrittsideologien vermarktende Bhutan zu zerreißen droht. Was anfänglich stört - von Bernstorffs filmische Selbstbespiegelungen - , erweist sich nach und nach als notwendiger roter Faden: Gelingt ihrer (betont engagierten) Doku doch die Beweisführung, dass kulturelle Differenzen gemeinsame Ziele nicht torpedieren müssen. cis

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