Ein Saarländer in der Elbphilharmonie

Hamburg/Saarbrücken · Zwei Millionen Euro hat die Orgel im neuen Saal gekostet. Auch die Probenzeit für Christian Schmitt ist kostbar.

 Die Elbphilharmonie noch ganz für sich: Im Dezember, noch vor der Eröffnung, konnte Christian Schmitt die Klais-Orgel im neuen Hamburger Konzertsaal schon mal ausprobieren. Foto: Schmitt

Die Elbphilharmonie noch ganz für sich: Im Dezember, noch vor der Eröffnung, konnte Christian Schmitt die Klais-Orgel im neuen Hamburger Konzertsaal schon mal ausprobieren. Foto: Schmitt

Foto: Schmitt

Dass der Saarländer Christian Schmitt jetzt in der Hamburger Elbphilharmonie konzertiert, muss einen nicht wundern. Schließlich zählt der 40-Jährige zu den international gefragten Konzertorganisten und Continuospielern.

2013 wurde der gebürtige Erbringer (Beckingen) mit dem "Echo Klassik"-Preis ausgezeichnet. Trotzdem ist es auch für ihn etwas Besonderes, wenn er am 19. und 20. Februar mit Werken von Messiaen und Bach im derzeit wohl spektakulärsten Konzertsaal Europas gastiert.

Sie spielen jetzt an der neuen Klais-Orgel der Elbphilharmonie. Was beeindruckt Sie mehr, das Instrument oder der Saal?

Schmitt Im Dezember hatte ich bereits die Gelegenheit zu einer zweistündigen Probe in der Elbphilharmonie. Der Saal ist sehr beeindruckend, hell, freundlich und man kann sich gar nicht satt sehen an den vielen kleinen Details und der Architektur des Raumes. Die Orgel ist natürlich auf höchstem internationalen Standard. Die Firma Klais aus Bonn hat in den letzten Jahren sehr gute Instrumente gebaut, vor allem in Konzertsälen. Das Instrument hat sehr viele Facetten, vom zarten piano pianissimo bis zum strahlenden forte fortissimo.

Die Orgel hat zwei Millionen Euro gekostet. Ist das das teuerste Instrument, an dem Sie bisher gespielt haben?

Schmitt Das ist für eine Konzertsaal-Orgel schon ein guter Betrag. Die Orgel im Kimmel Center Philadelphia hat aber fast das Doppelte gekostet. Aber ich habe auch schon teurere Instrumente gespielt, so beispielsweise im letzten Jahr im Shanghai Oriental Art Center, die hat 20 Register mehr, und in der Montreal Symphony Hall, die rund eine Million Euro teurer war, und in der Nürnberger Lorenzkirche, deren Orgel über 9000 Pfeifen mehr verfügt als die Orgel der Elbphilharmonie.

Der Bonner Orgelbauer Philipp Klais hat für diese Orgel ein besonderes Konzept ersonnen: Die Besucher laufen so etwa an einem Teil der Pfeifen direkt vorbei. Deshalb sind die Pfeifen auch mit Speziallack geschützt. Und die Titularorganistin Iveta Apkalna in der Elbphilharmonie schwärmte schon von einem Klang, der "eine physische und emotionale Massage" auslöse. Was ist für Sie das Besondere an diesem Instrument?

Schmitt Das mit den Pfeifen hat der Orgelbauer Klais aus der Kölner Philharmonie gelernt. Dort haben nämlich die Putzfrauen einmal die Prospektpfeifen gesäubert, das ging leider in die falsche Richtung. Man sieht die Putzspuren heute noch. Ich hatte bei meiner Elbphilharmonie-Probe leider nicht die Gelegenheit, das Innere der Orgel zu inspizieren, sondern nur vom elektrischen Spieltisch aus auf der Bühne gespielt. Man hat dort einen sehr guten Eindruck von Abstrahlung und Raumwirkung der Orgel. Das Besondere ist sicher die sehr gute Schwellwirkung des Instruments. Außerdem gibt es ein Fernwerk in der Mitte des Raumes, praktisch über der Bühne, das sehr farbige Akzente setzen kann mit Registern wie Seraphonflöte und Stentorklarinette.

Wie viel Zeit bleibt Ihnen, um sich mit der neuen Orgel vertraut zu machen?

Schmitt Leider nur diese zwei Stunden im Dezember und 45 Minuten vor der Generalprobe und je 45 Minuten vor den Konzerten. In diesen Tagen spielen sowohl Iveta Apkalna und Oliver Latry auf der Orgel Konzerte, da ist die Probenzeit sehr knapp. Aber das ist nicht so schlimm, ich spiele 20 Minuten Orgel solo vor der Bruckner-Sinfonie. Es erinnert mich an die Zeit meiner Orgelwettbewerbe, da war die Zeit immer sehr knapp und man musste dann auf Punkt das Ergebnis abrufen.

Die Klais-Orgel ist vollgestopft mit Elektronik: Wie sehr muss man IT-Experte sein, um sie spielen zu können?

Schmitt Eigentlich funktioniert das alles sehr gut. Mir hat sehr geholfen, dass der vor Ort betreuende Organist des Instruments mich kurz eingewiesen hat. Das machen wir in Bamberg, wo ich der Organist der Bamberger Symphoniker bin, auch so, dass der Orgelbauer oder ich dem Gastorganisten eine kurze Einführung geben. Wie man etwa seine Registrierungen speichert, welche technischen Besonderheiten es zu beachten gilt. Natürlich versuchen die Orgelbauer die IT-Errungenschaften zu integrieren. Ich war in den letzten Jahren auch Sachverständiger bei Projekten in Luzern, im Konzerthaus Berlin, im Stavanger Konzerthus und in der Berliner Philharmonie. Bei der letztgenannten Orgel hat mir die neue Software der Setzeranlage auch mal einen Streich gespielt und sich aufgehangen - und das in einer Generalprobe mit den Berliner Philharmonikern unter Sir Simon Rattle. Gott sei Dank hatte ich drei Minuten Pause in dem Stück und konnte die Orgel nochmal hochfahren. Im Konzert ging der Puls dann sehr, sehr hoch.

 Der Organist Christian Schmitt. Foto: Uwe Arens

Der Organist Christian Schmitt. Foto: Uwe Arens

Foto: Uwe Arens

Das Gespräch führte Oliver Schwambach.

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