Ein Mann will nach oben

Saarbrücken · Von zwei Karrieristen unter den Nazis erzählt der Fernsehfilm „Luis Trenker – Der schmale Grat der Wahrheit“. Neben dem Bergfilmer Trenker geht es um die Regisseurin Leni Riefenstahl („Triumph des Willens“). Aus zwei umstrittenen Biografien macht der Film eine muntere Tragikomödie mit viel Witz.

 Opportunisten an der Bergluft: Leni Riefenstahl (Brigitte Hobmeier) und Luis Trenker (Tobias Moretti). Foto: Hartmann /BR / Roxy Film

Opportunisten an der Bergluft: Leni Riefenstahl (Brigitte Hobmeier) und Luis Trenker (Tobias Moretti). Foto: Hartmann /BR / Roxy Film

Foto: Hartmann /BR / Roxy Film

"Einmal noch einen richtigen Film drehen. So wie damals!" Davon träumt Luis Trenker 1948 vergebens, denn die große Karriere als Regisseur spektakulärer Bergfilme ist vorbei - schließlich hatte er seine große Zeit unter den Nazis. Da fasst Trenker einen wahnwitzigen Plan: Er fingiert Tagebücher von Adolf Hitlers Geliebter Eva Braun und versucht, sie an US-Filmproduzenten zu verkaufen. Was wie eine Satire mit "Schtonk!"-Aroma klingt, hat sich tatsächlich so zugetragen; jetzt hat der Wiener Regisseur Wolfgang Murnberger (die "Simon Brenner"-Trilogie mit Josef Hader) aus dem kuriosen Stoff und der Biografie Trenkers (1892-1990) einen galligen, sehr vergnüglichen Fernsehfilm gemacht.

In Form einer Collage - der Film bewegt sich zwischen dem Tirol von 1924 und dem Venedig von 1948 - erzählt er von zwei Opportunisten unter dem NS-Regime. Da ist Trenker, der Tiroler Bergsteiger und -filmer, dessen pathosgetränkte Filme bestens in das Blut-und-Boden-Schema der Nazis passen; und da ist Leni Riefenstahl (1902-2003, gespielt von Brigitte Hobmeier), eine Schauspielerin und Tänzerin, die Regisseurin werden will. Effektiv arbeitet sie sich in einem männlichen Machtgefüge nach oben und dreht NS-Propagandafilme wie "Triumph des Willens". Trenker und Riefenstahl sind Brüder im Geiste, beiden geht es um Filme und Karriere, für die sie sich mit dem Regime gerne arrangieren; sind beide gerade in Ungnade gefallen, etwa weil Riefenstahl das Budget überzieht oder Trenker bei Dreharbeiten Juden beschäftigt, schließen sie sich kurzzeitig zu einer sehr brüchigen Allianz zusammen.

Murnberger erzählt das als muntere Tragikomödie über zwei zwanghafte Opportunisten, die er einem milden Licht zeichnet. Im Zentrum steht Trenker, der Lebemann, Aufschneider und Frauenheld - eine Glanzrolle für den stets sehenswerten Tobias Moretti. Seinen Trenker kann man gleichzeitig bemitleidenswert und abscheulich finden. Mit Trenker-Duktus kommentiert er die Handlung aus dem Off, etwa das Verhältnis zu Riefenstahl ("eine dunkle Frau, jo mei") oder die Kriegszeit "mit der ganzen Bomberei". Auf den ersten Blick ein lässiger Luftikus, ist Trenker ein Getriebener, der etwa seine notorische eheliche Untreue seiner Gattin gegenüber entwaffnend entschuldigt: "Du bist das Wichtigste für mich - aber Du weißt doch, dass ich ganz schlecht alleine schlafen kann."

Ein überzeugter Nazi ist Trenker im Film nicht (Riefenstahl auch nicht) - aber wenn die Nazis seine Filme finanzieren, ist ihm das völlig recht. Der Täuschungsversuch mit den erfundenen Tagebüchern schlägt letztlich fehl, und Trenkers Kino ist nach dem Krieg aus der Mode - aber er findet rasch eine neue Heimat: als Geschichtenerzähler beim Fernsehen.

Heute, 20.15 Uhr, ARD

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