Ein Freund, ein guter Freund. . .

Saarbrücken · Überraschung: Steven Spielberg („E.T.“) dreht einen Film für die ganze Familie – und kaum eine interessiert es, zumindest in den USA. Die viel gelobte Roald-Dahl-Verfilmung „BFG – Big Friendly Giant“ hofft im Rest der Welt nun auf mehr Interesse.

 Waisenkind Sophie (Ruby Barnhill) und ihr großer Freund (Mark Rylance), der „Big Friendly Giant“. Fotos: Constantin Film

Waisenkind Sophie (Ruby Barnhill) und ihr großer Freund (Mark Rylance), der „Big Friendly Giant“. Fotos: Constantin Film

Ach, wie kullerten die bittersüßen Tränen damals, als Regisseur Steven Spielberg von der Freundschaft erzählte zwischen einem Jungen in der Krise (die Ehe der Eltern zerbricht) und einem Außerirdischen auf der Erde (er hat sein Raumschiff verpasst). "E.T." von 1982 war ein Spielberg reinsten Wassers - er verband große Gefühle mit Fantastik und den Ur-Themen des Regisseurs: der Familie und dem Trost nach deren Zerbrechen. Der Film traf einen kollektiven Nerv und ist heute eine Art Kino-Kulturerbe.

Ähnliches hat sich der Disney-Konzern wohl auch erhofft, als er für Spielberg 140 Millionen Dollar bereit stellte, damit er wieder eine fantastische Freundschaftsgeschichte erzählt, noch dazu mit einem Skript der "E.T."-Drehbuchautorin Melissa Mathison. "BFG - Big Friendly Giant" basiert auf dem 1982er Kinderbuch von Roald Dahl (deutscher Titel: "Sophiechen und der Riese") und erzählt von dem Waisenkind Sophie, das eines Nachts einen sieben Meter hohen Mann entdeckt, der sie ins Reich der Riesen mitnimmt. Die Größengenossen von Sophies neuem Freund sind Fleischfresser (am liebsten knabbern sie Menschen); er selbst ist Vegetarier, der gute Träume sammelt, um sie Kindern nachts zu kredenzen.

Ein Spielberg also für Kinder und Eltern, mit viel Gefühl, Aufwand und in 3D. Konnte da kommerziell etwas schief gehen? Es konnte: In den USA ist der Film verblüffend schwach gestartet, mit 19 Millionen Dollar am Startwochenende, bevor die Einnahmen schnell sanken. An den Kritiken kann es nicht gelegen haben, die waren überwiegend positiv. Vielleicht am Überangebot? Familien haben sich lieber "Pets" (Einspielwochenende: 104 Millionen Dollar) und "Findet Dory" (51 Millionen) angesehen. Fest steht aber auch, dass der Name Spielberg, mit "Der weiße Hai" und den "Indiana Jones"-Filmen eine Schlüsselfigur des breitentauglichen Blockbuster-Kinos, beim großen Publikum nicht mehr den Klang von einst besitzt - hat sein Kino sich doch über die Jahre verdüstert und einem älteren Publikum zugewandt, das in den Kinosälen nicht die Mehrheit bildet.

Hatte Spielberg zuvor noch einen Spagat zwischen Leicht und Schwer praktiziert ("Jurassic Park" und Schindlers Liste" drehte er 1993 hintereinander), haben ihn später vor allem dunklere Stoffe interessiert: "München" über das Attentat bei der Olympiade, "Gefährten" über den Ersten Weltkrieg, die Präsidentenbiografie "Lincoln" und die Ost-West-Geschichte "Bridge of spies". Selbst sein "Krieg der Welten" war kein "Independence Day"-Spektakel, sondern ein überraschend dunkles Werk über ein zerrissenes Amerika. Insgesamt also ein interessantes Spätwerk des heute 69-Jährigen. Da wirkte im Vergleich die jüngste Exhumierung von Indiana Jones für einen vierten Teil lustlos, erzählerisch und sogar technisch unter Spielbergs Niveau; als wäre ihm mittendrin klar geworden, dass er ohnehin nicht mehr weiß, was das Publikum heute sehen will, dass reflexhaft in immergleiche Superheldenfilme strömt. Den US-Kassenflop von "BFG", der doch nochmal fürs ganz große Publikum geplant war, wird Spielberg verschmerzen - aber es überrascht, dass er einen fünften "Indiana Jones" angekündigt hat. Den müsste er doch nicht mehr machen.

Der Film startet morgen in vielen Kinos. Kritik und Termine, auch zu den anderen neuen Filmen, morgen im treff.region.

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 Steven Spielberg

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Auf einen Blick Die anderen neuen Filme der Woche: Beim dritten Teil der neu aufgelegten "Star Trek"-Reihe führt nicht mehr J.J. Abrams Regie, "Star Trek Beyond" hat nun Justin Lin ("The Fast & the Furious") inszeniert, Idris Elba spielt den Schurken. Beim Ophüls-Festival 2015 lief "Ma folie" im Wettbewerb, nun ist der düstere Film über Liebe, Eifersucht und Stalking im Filmhaus (Sb) zu sehen. Dort laufen auch der japanische Animationsfilm "Miss Hokusai" und "Mittagssonne", der drei serbisch-kroatische Liebesgeschichten in den Jahren 1991, 2001 und 2011 erzählt - sehenswert. Die Camera Zwo (Sb) zeigt die französische Komödie "Frühstück bei Monsieur Henri", in der sich eine junge Studentin und ein alter Griesgram zusammenraufen müssen. red

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