Berlinale Düstere Themen dominieren Tag fünf der Berlinale

Berlin · Wettbewerbsfilme thematisieren das Attentat von Utøya, die Flugzeugentführung von Entebbe und eine leidgeprüfte Romy Schneider.

 Marie Bäumer als Romy Schneider.

Marie Bäumer als Romy Schneider.

Foto: dpa/Peter Hartwig

Die deutsche Schauspielerin Marie Bäumer greift nach dem Berlinale-Bär. Mit ihrer sensiblen, von jeder Effekthascherei freien Darstellung der Schauspiellegende Romy Schneider (1938-1982) in „3 Tage in Quiberon“ von Regisseurin Emily Atef („Das Fremde in mir“) hat sie Chancen, als beste Schauspielerin der 68. Berlinale ausgezeichnet zu werden. Neben ihr spielen Birgit Minichmayr, Charly Hübner und Robert Gwisdek. Der Film selbst allerdings erreicht stilistisch nicht das Format der Hauptdarstellerin, wirkt eher wie ein Essay. Atef erzählt von dem legendären „Stern“-Interview 1981 mit Schwarz-Weiß-Bildern von Robert Lebeck in einem Hotel im französischen Quiberon, in dem sich der gefeierte Star ein Jahr vor dem Tod schonungslos offen den Journalisten preisgibt – als eine hinreißende und oft zutiefst verletzte Frau.

Zur Präsentation des Films in Berlin verriet Marie Bäumer zu ihrer Herangehensweise: „Die Angst vor dieser Schauspiel-Ikone war latent da. Aber für mich war von Anfang an klar, sie nicht zu imitieren. Ich wollte und musste frei sein in meinem Spiel. Und das war ich.“ Regisseurin Emily Atef fügte hinzu: „Das ist kein Dokumentarfilm, keine Reportage. Es ist Fiktion. Der Film beruht auf Tatsachen, auf wirklichen Personen. Aber wir spiegeln nicht den Mythos. Mir war darum auch wichtig, in Romy Schneider die Frau zu zeigen, die leben wollte. Es hat uns wirklich interessiert, ihre Persönlichkeit kennenzulernen.“

Knapp sieben Jahre nach dem Terroranschlag auf der norwegischen Insel Utøya wagt sich Regisseur Erik Poppe an eine filmische Aufarbeitung des Dramas. Der Rechtsextremist Anders Breivik hatte damals ein Feriencamp von Jugendlichen auf Utøya überfallen und kaltblütig 69 Menschen ermordet. Poppes Spielfilm „Utøya 22. Juli“ schildert die Ereignisse konsequent aus der Sicht der Opfer. In einer einzigen, 72 Minuten langen Einstellung wird die Gewalttat genau rekonstruiert. „Der Film ist deshalb sehr wichtig, weil er daran erinnert, was passieren kann, wenn jemand radikalisiert wird“, sagte die Vorsitzende der norwegischen Opfer-Selbsthilfegruppe, Lisbeth Kristine Røyneland. Und weil er den Fokus weg vom Terroristen Breivik zurück auf die Opfer lenke.

Außer Konkurrenz läuft der amerikanisch-britische Thriller „7 Tage in Entebbe“, der mit Daniel Brühl und Rosamund Pike ebenfalls hochkarätig besetzt ist. Es geht um die Entführung einer Air-France-Maschine auf dem Weg von Tel Aviv nach Paris 1976. Vier Kidnapper hielten die mehr als 100 Geiseln im ugandischen Entebbe eine Woche in ihrer Gewalt, bis die israelische Regierung die Aktion gewaltsam beendete. Regisseur José Padilha zeichnet die Ereignisse auf Grundlage neuer Recherchen nach.

Auch dieses Mal werden Ehrenpreise verliehen. Der US-Schauspieler Willem Dafoe (62, „The Hunter“) erhält heute Abend den Goldenen Ehrenbären für sein Lebenswerk. Dafoe habe „in mehr als 100 Produktionen mitgewirkt und sie mit seinem ausdrucksstarken Spiel und seiner beeindruckenden Präsenz bereichert“, hoben die Internationalen Filmfestspiele Berlin hervor. Seine immense schauspielerische Bandbreite reiche von der Darstellung des abgründigen Bösen bis zur Rolle des Jesus von Nazareth. Das Festival widmet Dafoe eine Hommage mit zehn Filmen, darunter „Antichrist“ von Lars von Trier und „Platoon“ von Oliver Stone.

Insgesamt sind bis zum Wochenende 385 Filme aus 78 Ländern zu sehen. 19 Titel bewerben sich um den Goldenen und die Silbernen Bären. Die Auszeichnungen werden am Samstag vergeben.

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