Doku über Musiker Christian Bruhn „Ganz arm wollte ich nicht bleiben“

Saarbrücken · Ein pralles Künstlerleben: Christian Bruhn schrieb tausende Schlager, untermalte Serien wie „Captain Future“, „Wickie“, „Timm Thaler“ und machte Werbemusik für Milka und „Shamtu Shampoo“. Die Dokumentation über ihn starttet jetzt in Saarbrücken.

 Christian Bruhn, der große Könner deutscher Unterhaltungsmusik.

Christian Bruhn, der große Könner deutscher Unterhaltungsmusik.

Foto: MFR Filmproduktion

„Ich will nicht auf der Straße erkannt werden“, sagt Christian Bruhn, „ich will auf der Straße gepfiffen werden.“ Und das wird er – eine seiner über 2500 Kompositionen wird wohl jeder im Ohr haben: ob nun den lässigen Disco-Beat der TV-Serie „Captain Future“ oder das melancholische Thema aus „Timm Thaler“, Katja Ebsteins „Wunder gibt es immer wieder“, Roberto Blancos „Ein bisschen Spaß muss sein“ – oder seine Werbemusik: für Milka etwa, „die zarteste Versuchung, seit es Schokolade gibt“ und „Shamtu Shampoo“, das, viele erinnern sich noch, Spannkraft ins Haar bringen soll.

„Meine Welt ist die Musik“ heißt, wie ein Bruhn-Stück für Mireille Mathieu, nun die Dokumentation über den 83-Jährigen. Marie Reichs 80-minütiger Film ist ein sehr kurzweiliges Porträt, das von einer prallen Künstlerbiografie lebt, aber auch vom enormen Charme Bruhns. Der weiß, dass nicht jedermann jedes seiner Stücke liebt („,Heidi’ wird mir immer vorgeworfen“); aber Bruhn ist kein frustrierter U-Künstler, der doch viel lieber E-Musik gemacht hätte und womöglich noch ein 12-Ton-Großwerk in der Schublade hat. Nein, Bruhn liebt Musik in allen Formen und auch die Bequemlichkeit, die sie ihm gebracht hat: Am Anfang des Films schlurft er im Bademantel zum Pool seiner Villa, bevor er im Studio werkelt und sich ironisch als „gespaltene Persönlichkeit“ bezeichnet, die viele Genres problemlos unter einen Hut bringt, „ich bin halt so“. Neben der Trickfilm-„Heidi“ hat er auch Heinrich Heine vertont oder Wilhelm Busch, „um mich vom Schlagerbusiness zu erholen“.

 Sphärenklänge plus Discobeat plus Funk-Bass: Bruhns knackige Untermalung der japanischen Serie „Captain Future“ (1978/79).

Sphärenklänge plus Discobeat plus Funk-Bass: Bruhns knackige Untermalung der japanischen Serie „Captain Future“ (1978/79).

Foto: Colosseum

Bruhn und Weggefährten wie Kollege Ralph Siegel („Ein bisschen Frieden“)  oder Produzent Harold Faltermeyer erzählen von einer langen Karriere, von einstigen Nächten in Münchner Jazzkneipen und der Geburt eines Schlagerklassikers: Drafi Deutscher habe Bruhn vier Takte mit „Damm Damm“ gegeben und gesagt: „Den Rest machst Du.“ Bruhn machte, und in einem besonders schönen Moment des Films sieht man ihn im Festzelt, wo „Marmor, Stein und Eisen bricht“ zwischen den Biertischen schallert, andächtig lächeln.

 Bringt heute noch jedes Festzelt zum Kochen: „Marmor...“. Bruhn komponierte, Günter Loose textete, Drafi Deutscher schmetterte.

Bringt heute noch jedes Festzelt zum Kochen: „Marmor...“. Bruhn komponierte, Günter Loose textete, Drafi Deutscher schmetterte.

Foto: Decca

Der gebürtige Hamburger kommentiert seine Karriere trockenhumorig. „Da steht wenig drin“, sagt er da angesichts seiner „Heidi“-Partitur, „denn mehr hat’s nicht gebraucht.“ Über die klassische, sehr aufwendige Instrumentierung seiner Musik zur Abenteuerserie „Jack Holborn“ bemerkt er: „Das ist gewusst wo. Das ist Handwerk.“ Als Handwerker und Musiker reagiert er aufs Publikum: Einmal, mit dem Stück „Sonntag im Zoo“, habe er einen erwachseneren Pop im Stile Burt Bacharachs schreiben wollen. „Da habe ich mich mal was getraut – das war prompt kein Erfolg“. Dann lieber das schreiben, was läuft, denn „ganz arm wollte ich nicht bleiben“.

Der private Bruhn, fünfmal verheiratet, unter anderem mit Katja Ebstein und  der „Heidi“-Sängerin Erika Goetz, wird im Film zwar nicht gänzlich offengelegt; aber zwischen den Zeilen erfährt man doch manches. Ganz so altersmilde wie heute sei der Vater nicht gewesen, sagt Sohn Johannes, Bruhn hätte hart sein können zu seinen Musikern und auch zu ihm. Er sei zu oft unterwegs gewesen, um ein wirklich guter Vater zu sein, sagt Bruhn selbst, der offenbar auch ein großer Romantiker war. Sohn Johannes hat sich „über seinen Grundumsatz an Frauen schon gewundert. Aber wenn er sich verliebt, dann muss er heiraten.“ Was fast wie eine schöne Schlagerzeile klingt.

Ab Donnerstag in der Camera Zwo in Saarbrücken.

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